Auch wenn der hannoversche Technologiekonzern in verschiedener Hinsicht durchgeschüttelt wurde: Continental kommt mit einem Umsatzplus und einem stabilen operativen Ergebnis aus dem Jahr und will 2023 Umsatz und Ergebnis steigern. Das größte Unternehmen im Bereich der IHK Hannover betont Sicherheit und Nachhaltigkeit und ist mittlerweile unabhängig von der Antriebsart eines Fahrzeugs.

 

Die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine, die Corona-Einschränkungen in China, Halbleitermangel und steigende Kosten: Allein die Preissteigerungen bei Rohmaterial, Vorprodukten, Energie und Logistik schlugen bei Continental im vergangenen Jahr mit rund 3,3 Mrd. Euro zu Buche. Trotzdem weist der Technologiekonzern für 2022 ein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebit) aus, das mit 2 Mrd. Euro gut fünf Prozent über dem Vorjahr liegt. Der Umsatz stieg um fast 17 Prozent auf 39,4 Mrd. Euro.

Allerdings wird das Ergebnis durch Sondereffekte von rund 1 Mrd. Euro belastet. Ohne Berücksichtigung solcher Einflüsse sank das Ebit im Vorjahresvergleich um rund 59 Prozent auf knapp 755 Mio. Euro. Das Nettoergebnis des Technologiekonzerns brach auf 67 Mio. Euro ein gegenüber 1,4 Mrd. Euro 2021.

Werk in Russland vor dem Verkauf

Die Geschäftstätigkeit in Russland führten zu Wertberichtigungen von 87 Mio. Euro. Continental will sich jetzt kontrolliert zurückziehen: Der Verkauf des Werkes in Kaluga sei weit fortgeschritten, es seien aber noch administrative Hürden zu überwinden, hieß es bei der Bilanzpressekonferenz.

Zuversicht für das laufende Jahr

Vorstandschef Nikolai Setzer.

Im laufenden Jahr will Continental sowohl bei den Erlösen als auch beim Ergebnis zulegen: Konzernchef Nikolai Setzer nannte als Ziel einen Umsatz zwischen 42 Mrd. und 45 Mrd. Euro. Bei der angestrebten (bereinigten) Ebit-Marge zwischen 5,5 und 6,5 Prozent würde auch das Betriebsergebnis deutlich steigen. Er setzt dabei auf eine anhaltende Markerholung mit einer Plus bei der weltweiten Produktion von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen zwischen 2 und 4 Prozent.

Finanzvorständin Katja Dürrfeld.

Cyberangriff wird noch aufgearbeitet

Im vergangenen Jahr kamen die aber die Herausforderungen für Continental nicht nur von außen. Neben Qualitätsproblemen in einem Werk in Südosteuropa und der Aufarbeitung der Dieselaffäre sorgte vor allem ein Cyberangriff für Schlagzeilen. Finanzvorständin Katja Dürrfeld bestätigte bei der Bilanzpressekonferenz einen Datenabfluss von 40 Terabyte. Derzeit werde untersucht, um welche Daten es sich im Einzelnen handelt. Betroffene Continental-Beschäftigte würden seit Februar informiert, mit Kunden- oder Zulieferunternehmen sei man im ständigen Austausch. Den Schaden beziffern wollte Dürrfeld aber noch nicht. Für Belastungen durch die Dieselaffäre hat der Konzern aktuell einen Betrag in zweistelliger Millionenhöhe zurückgestellt.

Krisenbewältigung führt zu mehr Widerstandskraft

Auch durch weitere Maßnahmen zur Cybersicherheit sei der Konzern aber inzwischen „noch widerstandsfähiger geworden“, erklärte Nikolai Setzer. Hinzu kommen eine verbreiterte Lieferbasis, das im Dezember eingerichtete Vorstandsressort Integrität und Recht sowie eine effiziente Kostenkontrolle. Man habe schnell und entschlossen auf Krisen reagiert, sagte Setzer.

Der Vorstandschef betonte auch, dass Continental heute unabhängig von der Antriebsart eines Fahrzeugs ist. Alle Aktivitäten rund um den Antrieb wurden 2019 in der Vitesco AG mit Sitz in Regenburg zusammengefasst und aus dem Konzern herausgelöst. Im Geschäftsbereich Automotive entwickelt Continental beispielsweise Komplettlösungen für assistiertes und automatisiertes Fahren. Nikolai Setzer wies dabei auf die Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Technologieunternehmen Ambarella, Inc. hin. In der Bremstechnik hat Continental vor wenigen Wochen einen Großauftrag in einem Umfang von 2 Mrd. Euro für eine neuartiges System erhalten, dass an der Hinterachse ohne Bremsflüssigkeit auskommt. Den Auftragsbestand für moderne Displaysysteme bezifferte Setzer auf mehr als 7 Mrd. Euro. Für den Automotive-Bereich insgesamt stiegen die Auftragseingänge im vergangenen Jahr um 26 Prozent auf das Rekordniveau von 23 Mrd. Euro.

Nachhaltigkeit: Kaffeesatz für Bezugsstoffe

Neben der Sicherheit zum Beispiel durch Fahrerassistenzsysteme betont Continental auch die Nachhaltigkeit. In der zweiten Säule des Geschäfts, getragen von Reifen und dem Unternehmensbereich ContiTech, wies Setzer auf Entwcklungen hin, bei denen in hohem Maße nachwachsende und recycelte Materialien eingesetzt werden. Ein Konzeptreifen speziell für den Bus- und Lieferverkehr wird nach seinen Worten mit einen Anteil solcher Materialien von mehr als 90 Prozent hergestellt. Bei Oberflächenprodukten, die im Bereich ContiTech angesiedelt sind, gibt es nicht nur bereits vollständig klimaneutrale Varianten: Es sei sogar gelungen, für die Produktion eines Polsterbezugsstoffes Kaffeesatz zu nutzen. Für Forschung und Entwicklung gab Continental 2022 fast 2,9 Mrd. Euro aus und damit 11 Prozent mehr als im Vorjahr. Nikolai Setzer bekräftigte den Anspruch des hannoverschen Unternehmens auf eine technologische Führungsposition. Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden zum Beispiel in der Software-Entwicklung gebraucht. So stieg die Zahl der Spezialistinnen und Spezialisten für Software und IT um 2000 auf jetzt 21.000 weltweit. Insgesamt beschäftigt Continental als größtes Unternehmen im Bereich der IHK Hannover über 199.000 Menschen, etwa 8000 mehr als noch vor Jahresfrist.

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