Niedersächsische Unternehmen bewerten den Stand ihrer Digitalisierung besser als der Bundesdurchschnitt. Sie kommen allerdings nach eigener Einschätzung nur langsam voran: Gehindert werden sie durch Bürokratie, Komplexität der Themen und mangelndes digitales Denken.

Auf einer Skala von 1 bis 6 geben sich 45,5 Prozent und damit fast jedes zweite Unternehmen in Niedersachsen für ihren Digitalisierungsgraf ein 4. Ein Viertel allerdings beurteilt die eigene digitale Entwicklung mit einer 5, also der zweitschlechtesten Note. Zum Vergleich: Im Bundesdurchschnitt liegen die entsprechenden Werte bei 37 und 29 Prozent. Gut 17,5 Prozent der niedersächsischen Unternehmen geben sich immerhin eine 3. Damit verteilen sich knapp 90 Prozent der Antworten auf diese drei Ränge. Das ergibt sich aus der Niedersachsenauswertung der jährlichen Digitalisierungsumfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), an der im Jahr 2022 insgesamt 587 niedersächsische Unternehmen teilgenommen haben (bundesweit 4047 Unternehmen). Die Ergebnisse wurden jetzt von der IHK Niedersachsen veröffentlicht.

Eine umfassendere Digitalisierung in den Betrieben scheitert laut Umfrage bislang vor allem am Zeitmangel (39 %), der Komplexität der Themen (37 %) und an der Akzeptanz (31 %). 72 Prozent der befragten Unternehmen wollen die Digitale Denkweise bei ihren Führungskräften und Mitarbeitenden weiterentwickeln. 60 Prozent nennen zusätzlich den Umgang mit digitalen Technologien als Entwicklungsfeld.

Mit Blick auf die konkrete Anwendung verschiedener Digitalisierungstechnologien zeigen sich in der niedersächsischen Wirtschaft noch Entwicklungspotenziale. Während immerhin 69 Prozent bereits heute Cloud-Anwendungen nutzen und weitere 20 Prozent deren Einsatz in den nächsten Jahren planen, werden andere innovative Technologien deutlich seltener in den Unternehmensalltag integriert. Das Internet of Things ist beispielsweise nur bei 21 Prozent der befragten Unternehmen bereits im Einsatz. Ähnlich zurückhaltende Ergebnisse zeigen sich beim Einsatz Künstlicher Intelligenz (16 %), Virtual/Augmented Reality (13 %), Robotik und Sensorik (18 %), 3D-Druck (15 %) und Blockchain (7 %).

Michael Wilkens, Sprecher für Digitalisierung der IHK Niedersachsen (IHKN), fordert deshalb: „Unternehmen müssen bei der Anwendung von Zukunftstechnologien begleitet werden. Hier kann Politik durch eine zielgerichtete Förderkulisse sowie die Etablierung eines digitalen Mindsets unterstützen. Das fängt in der Schule an, geht über die serviceorientierte digitale Verwaltung bis hin zur politischen Spitze des Landes. Digitalisierung wird nur ein Erfolg, wenn es zur Chef-Sache gemacht wird.“ Das Land Niedersachsen könne die digitale Transformation der Unternehmen deutlich stärker unterstützen. Bei der Ausbildung von zukünftigen Fachkräften sollte Informatik flächendeckend mit guter Ausstattung und gut qualifizierten Lehrkräften in allen Schulen frühzeitig unterrichtet werden. Der digitale Wissenstransfer aus den Hochschulen und Forschungseinrichtungen insbesondere in kleine und mittlere Unternehmen sollte ausgebaut werden und die Digitalisierung der Verwaltung müsse endlich Tempo aufnehmen.

„Die niedersächsische Wirtschaft kommt mit ihrer Digitalisierung nur langsam voran. Haupthinderungsgründe bleiben Zeitmangel durch überbordende Bürokratie, die Komplexität und das fehlende digitale Mindset“, so Michael Wilkens weiter. „Wir müssen Digitalisierung in allen gesellschaftlichen Bereichen positiv besetzen, wenn unsere Unternehmen auch morgen noch innovativ und wettbewerbsfähig sein sollen.“

Aus Sicht der IHK Niedersachsen ist eine erfolgreiche Digitalisierung die Grundvoraussetzung für eine wettbewerbsfähige niedersächsische Wirtschaft. Allerdings mangelt es bis heute an leistungsfähigen Internetanschlüssen in der Fläche. Während 78 Prozent der befragten Unternehmen die aktuelle Verfügbarkeit von schnellem Internet an ihrem Standort als bedarfsgerecht ansehen, nennen dennoch 60 Prozent der Befragten die Breitbandinfrastruktur als dringlichen Handlungsbedarf für die Bundes- bzw. Landesregierung. Die IHK Niedersachsen kritisiert in diesem Zusammenhang den abrupten Förderstopp der Bundesregierung im Jahr 2022. Bis heute liegt keine zukunftsgerichtete Förderrichtlinie für den weiteren Gigabitausbau vor.

Eine Gesamtübersicht über die DIHK-Digitalisierungsumfrage 2022 finden Sie unter diesem Link.

 

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