Vor 21 Jahren vom Flughafen ausgegliedert, ist die AirITSystems GmbH heute ein IT-Sicherheits-Dienstleister mit 250 Beschäftigten und sechs Standorten im gesamten Bundesgebiet. Drei Viertel des Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen inzwischen mit Kunden ohne Luftfahrtbezug.
Es wird jeden treffen. Wirklich sicher kann man sich nie sein. „Dafür gibt es in der IT zu viele mögliche Einfallstore“. Besorgt ist der Geschäftsführer von AirITSystems aber deswegen nicht. „Wichtig ist, dass man nach einem Cyberangriff schnell wieder ins Leben kommt“, sagt Tim Cappelmann. Wie wichtig aber auch ein bestmöglicher Schutz ist, zeigten die jüngsten Beispiele betroffener Unternehmen aus Hannover. Was man auf jeden Fall tun sollte: Regelmäßige Backups, getrennt vom Unternehmensnetz, zum Beispiel. Auch einen Plan, wie man zur Not einige Tage ohne IT überleben kann, empfiehlt der 46-Jährige. Denn wenn die Systeme tatsächlich lahmgelegt sind und etwa die Telefone nicht funktionieren, sei es gut, vorher zu wissen, wie man telefonisch erreichbar bleibt. „Es lohnt sich immer, sich vorher Gedanken zu machen. Man erspart sich viel Stress, wenn man nicht hektisch hunderte Mobiltelefone für die Beschäftigten besorgen muss“, erklärt der Geschäftsführer, der seit 15 Jahren für das IT-Unternehmen arbeitet, das seinen Sitz in Sichtweite des hannoverschen Flughafens in Langenhagen hat.
250 Beschäftigte, sechs weitere Standorte
Seit Anfang des Jahres führt er ein Team von knapp 250 Beschäftigten, von denen aber auch einige an den sechs weiteren Standorten in Deutschland arbeiten. Im Jahr 2001 wurde das Unternehmen vom hannoverschen Flughafen gegründet, der damals wie viele andere Airports seine IT auslagerte. Den Start machten 30 Beschäftigte aus der Flughafen-IT. „Das Outsourcen war zu der Zeit irgendwie angesagt“, bemerkt Cappelmann, der als Diplomingenieur der Informationstechnik zu AirITSystems stieß, bei der übrigens auch die Fraport AG zur Hälfte beteiligt ist, die bis 2018 30 Prozent der Anteile an der Flughafen Hannover-Langenhagen GmbH hielt. Flughafensicher. Mit dieser Beschreibung wirbt das Unternehmen auf seiner Internetseite für sich. „Unser Ursprung Flughafen ist schon eine Besonderheit für uns“, sagt der Geschäftsführer. Denn auch für den IT-Dienstleister eines Airports gelten die besonders hohen Sicherheitsstandards eines Verkehrsflughafens. So sind zum Beispiel alle Beschäftigten nach den Vorgaben des Luftsicherheitsgesetz überprüft. „Auf diesen hohen Standard, dieses gewisse Mehr an Sicherheit, legen viele unserer Kunden besonderen Wert“, erklärt Cappelmann.
Dabei ist das Spektrum der Dienstleistungen, die AirITSystems anbietet, extrem breit. Die Fachleute des Unternehmens kennen sich beispielsweise mit sicheren Unternehmensnetzwerken genauso gut aus wie mit Videosicherheit oder dem Betrieb von Rechenzentren für Versicherungen, Finanzdienstleister oder auch Krankenhäuser mit erhöhten Sicherheitsanforderungen. In einem eigenen „Security Operations Center“ haben die Cyber-Security-Analysten rund um die Uhr die Systeme von Kunden im Blick, um mögliche Angriffe frühzeitig zu erkennen.
1000 Projekte pro Jahr erfolgreich umgesetzt
„Wir verstehen uns als Premium-Dienstleister, der Kunden auch über längere Zeiträume bei IT-Projekten unterstützt“. Deswegen gehören zum Team von AirITSystems auch Juristen, die gerade bei Datenschutzfragen wichtig sind oder Fachleute, die einen Plan B für einen IT-Ausfall entwickeln. Etwa 1000 Projekte setzt das Unternehmen in einem Jahr für seine rund 100 Bestandskunden um. Dabei ist das Geschäft mit Firmen aus den verschiedensten Branchen in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. Mit ihnen erwirtschaftet AirITSystems drei Viertel seines Umsatzes von 50 Mio. Euro im Jahr, der übrige Teil entfällt auf die Luftfahrtbranche. In der Corona-Pandemie profitierte auch AirIT vom plötzlich gestiegenen Interesse der Unternehmen an IT-Lösungen: „Mit einem EBT (Anm.: Ergebnis vor Steuern) von rund 2,7 Mio. Euro war das Jahr 2021 ein Rekordjahr. Und auch ’22 läuft gut“, erklärt Cappelmann.
Am Flughafen und bei Fraport in Frankfurt dürfte man diese Nachrichten gern hören. Mit dem Flughafen Hannover ist AirIT so oder so besonders verbunden, weil das Unternehmen von der Gebäudetechnik, Zutrittskontrollen über alle Netzwerkverbindungen inklusive dem gesamten Thema der IT-Sicherheit alles entwickelt, aufbaut und betreut. Zugleich motiviertAirIT den Flughafen. „Wir schlagen regelmäßig Verbesserungen vor und treiben Innovationen“, sagt Cappelmann. Allerdings seien diese in der aktuell schwierigen Lage für viele Flughäfen auch in Hannover schwer umzusetzen. Als es in diesem Jahr nicht nur in Hannover bei Gepäck und Sicherheitskontrollen Probleme gab, implementierte AirIT ein Programm, das etwas Abhilfe schaffen sollte. „Unsere Software prognostiziert auch mithilfe von Künstlicher Intelligenz, wann es zu Engpässen an den Sicherheitskontrollen kommt.“ Allerdings könne die Software hier auch keine Wunder vollbringen. Aus Sicht des Geschäftsführers lägen die Probleme an anderer Stelle.
Personalfragen beschäftigen auch den 46-Jährigen heute viel mehr als noch vor einigen Jahren. Der Chef sagt sogar: „Der Erfolg von AirIT hängt in Zukunft unmittelbar davon ab, ob es uns weiterhin gelingt, gute Fachleute zu finden.“ Besonders gefragte Experten aus seinem Team bekämen pro Woche zwei reale Jobangebote. Praktisch täglich meldeten sich Headhunter unter fadenscheinigen Vorwänden an der Telefonzentrale. Aber auch hier bleibt der Geschäftsführer relativ gelassen. „Die Kolleginnen und Kollegen wissen, was Sie an uns haben. Wir bieten mehr als kostenloses Obst.“ Wo macht sich das bemerkbar? Den Chef etwa interessieren die Erfolge seines Teams wirklich. Und auch das Reinschnuppern in andere Bereiche ist bei AirIT selbstverständlich. Nicht nur die Kolleginnen und Kollegen unterstützen einander, auch die Führungskräfte steigen bei Bedarf voll mit ein. Um neue Beschäftigte für das Unternehmen zu gewinnen, spricht AirIT aber auch ganz gezielt potenzielle Neuzugänge über berufliche soziale Netzwerke an. Für das sogenannte Active Sourcing ist Michael Doyle zuständig. „80 Prozent derjenigen, die ich anspreche, reagieren nicht“, schätzt der 38-Jährige. Bei den anderen bleibt der gebürtige Ire am Ball. Ein paar Fachkräfte konnte AirIT so bereits an sich binden. Dabei war übrigens nicht das Gehalt entscheidend. „Es geht den IT-Experten viel mehr um die Aufgabe, die sie reizen muss“, sagt Doyle. Gerade für den Bereich der Abwehr von Cyberangriffen braucht es Spezialisten, die leider noch nicht in ausreichender Zahl von den Hochschulen ausgebildet werden. „Für diese Aufgabe benötigt man einen gewissen Jagdtrieb, auch viel Selbstmotivation, um sich für die Anatomie einer Attacke zu begeistern. Moderne Schadsoftware verändert ihren Code etwa alle 60 Sekunden“, erklärt der AirIT-Chef, der auch als Dozent an einer privaten Hochschule tätig ist. Das Unternehmen bucht für junge Fachkräfte deswegen für mehrere tausend Euro Schulungen bei privaten Anbietern, um sie für diese spezielle Aufgabe weiter zu qualifizieren. Eine gute Investition in die Sicherheit.