Wie eng Hannover mit der Messe verwoben ist, wurde beim Festakt zum 75-jährigen Bestehen der Deutschen Messe AG deutlich. In jeder Hinsicht. Und auch die IHK Hannover stand bei der Gründung Pate.
Sie mussten wohl nicht lange suchen, um die passenden Titel zu finden: Fury in the Slaughterhouse, nicht anders als die Messe ein Aushängeschild Hannovers, spielten einfach ihre ganz großen Hits. Time to wonder – nimmt man nur den Titel, könnte man das so übersetzen: Zeit, zu staunen und sich zu wundern. Das galt für die erste Messe 1947, als es in den Trümmern des 2. Weltkriegs plötzlich wieder etwas zu sehen gab in Hannover: Nicht nur in den schnell eingerichteten Hallen in Laatzen das, was die deutsche Wirtschaft zu liefern und zu verkaufen hoffte. Sondern vor allem über dem Gelände endlich wieder ein Hoffnungsschimmer.
Tage, die man nicht vergisst
Und dann spielten die vier Furys noch ihr „Won’t Forget These Days“- Tage, die man nicht vergisst. Das sagen so viele über die Messe in Hannover. Und beim wem tauchen nicht sofort Bilder auf, wenn man bloß ein paar Namen in den Raum wirft. Zum Beispiel: Exportmesse. Fischbrötchen. Industrie 4.0. CeBIT. Expo 2000 und IdeenExpo. Obama und ein Gipfeltreffen. Schwarzenegger und der Hollywoodfaktor. Bundespräsidenten, eine Kanzlerin und viele Kanzler bei den Messeeröffnungen.
Jeder in Hannover, und schon deshalb das Verwobensein von Messe und Stadt, wird seine eigene Geschichte haben. Auch bei Ministerpräsident Stephan Weil begann sie früh: Er habe sein Kinderzimmer für Messegäste räumen müssen, sagte er beim Festakt. „Deshalb waren die ersten Erfahrungen mit der Messe durch und durch negativ.“ Was sich dann gründlich geändert habe, sagte Weil, der ja auch einige Jahre Hannovers Oberbürgermeister war.
300 Gäste beim Festakt
Stadt, Land, Messe: Vor den rund 300 Gästen nahm Weil dieses Dreierverhältnis trotz des festlichen Anlassen schon etwas genauer unter die Lupe. Natürlich mache Hannovers Messe Niedersachsen weltweit bekannt wie kaum etwas anderes, „einen großen ostniedersächsischen Fahrzeughersteller“ mal ausgenommen. Er betonte die Internationalität, die von der Messe ausgeht, was auch Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay unterstrich: Wenn Messe ist, „schaut die Welt auf unsere Stadt.“ Und er wies nicht nur auf deren Bedeutung als Wirtschaftsfaktor hin, sondern auch auf die Aufnahme von Flüchtlingen in den Messehallen: Das habe das Bild Hannovers als solidarische Stadt gestärkt. Stephan Weil wiederum erinnerte daran, dass im Vorfeld der Weltausstellung des Jahres 2000 nicht nur das Messegelände, sondern auch die Infrastrukturen in der Region in einer Weise modernisiert wurde, „wie es sonst nicht möglich gewesen wäre.“
Das Land steht zur Messe – in guten und schlechten Zeiten
Klares Bekenntnis jedenfalls „Das Land steht zur Hannover Messe, in guten wie in schlechten Zeiten.“ Ähnlich übrigens Bundes-wirtschaftsminister Robert Habeck, der sich beim Festakt mit einem Videostatement meldete und sich nach seinem Besuch der Hannover Messe in diesem Frühjahr als Fan der Industrieschau outete: Die habe seine volle Unterstützung.
Ministerpräsident Weil formulierte aber auch Erwartungen an die Messe: Wirtschaftlichkeit vor allem. Angesichts sprunghafter Veränderungen dürfe niemals der Kontakt zum Markt verlorengehen, so der Ministerpräsident. Klares Bekenntnis: „Das Land steht zur Deutschen Messe AG. Er sprach nicht nur den Aufstieg, sondern auch den Niedergang der CeBIT an: als Veranstaltung mit im Spitzenjahr über 800.000 Besucherinnen und Besuchern. Man dürfe sich nie auf etwas verlassen, sondern müsse im weitergehen. Doch das, so Weil, liege ja in den Genen der Messegesellschaft.
Die IHK Hannover gehörte zu den Gründern der Messe
Die wurde tatsächlich erst wenige Tage gegründet, bevor die erste Exportmesse ihre Tore öffnete. Dass sie stattfinden würde, hatten die Briten bereits im April bekanntgegeben. Andere Städte in der britischen Zone wollten nicht, Hannover griff trotz aller Zweifel zu. Auch die IHK Hannover war an der Gründung beteiligt und gehörte zu den ersten Anteilseigner. Dr. Eduard Bergmann, IHK-Vizepräsident und Elektrogroßhändler aus Hannover, zeichnet die Gründungsurkunde mit. Das war am 16. August 1947.
Jochen Köckler, Vorstandschef der Deutschen Messe AG, schlug einen Bogen von diesen ersten, schweren Tagen in Trümmerlandschaften und nach eiskalten Wintern zur Jetztzeit. Exportieren statt resignieren, das hatten die Briten der deutschen Wirtschaft und ihrer neuen Messe auf den Weg gegeben.
Nach den Corona-Jahren sieht Köckler auch jetzt bei der Messe den Willen zum Aufbruch, und das bei weiterhin heftigem Wind von vorn: Pandemie, Krieg und eine drohende Rezession – „Rückenwind ist anders“, so Köckler. Aber seit den Anfängen sei die Messe ebenso wie die Menschen dahinter geprägt von Mut, Entschlossenheit, Pragmatismus und Pioniergeist.
Messegeschichte weiterschreiben
Das Format Messe jedenfalls habe die Pandemie überdauert, auch wenn 2021 eine sehr gute digitale Ausgabe gelungen sei: „Das Digitale kann die Präsenz nicht ersetzen,“ sagte Köckler und beschwor geradezu eine Magie des persönlichen Treffens, wenn „Menschen zusammenkommen und Lösungen erarbeiten.“ Er jedenfalls sei wie das Team der Deutschen Messe stolz darauf, die Messegeschichte weiterzuschreiben – „damit Hannover ein bedeutender Messestandort in den nächsten 75 Jahren bleibt.“