Die VHV-Gruppe blickt auf ein sehr erfolgreiches Geschäftsjahr 2021zurück. Das erklärte Uwe H. Reuter, Vorstandsvorsitzender der Versicherungsgruppe, Ende Mai bei seiner letzten Bilanzpressekonferenz.
Trotz Pandemie und Belastung durch Großschäden erreichte das Konzernergebnis der hannoverschen VHV-Gruppe im vergangenen Jahr einen Rekordwert von 291 Mio. Euro: Deutlich über Plan und trotz eines gestiegenen Schadenaufwands, so Uwe H. Reuter. Im Jahr zuvor waren es noch 183 Mio. Euro. „Alle wesentlichen Kennziffern zeigten klar nach oben“, sagte der scheidende Vorstandschef, dessen Nachfolger Thomas Voigt ab Juni die Vorstandsspitze übernimmt. Voigt ist seit rund 20 Jahren im Vorstand der VHV und leitet derzeit das Komposit-Geschäft mit den wesentlichen Bereichen Kfz-Versicherung und Versicherungen für die Baubranche.
Auf solider Basis
Die verdienten Beiträge der VHV-Gruppe, zu der auch die Hannoversche Leben gehört, stiegen um drei Prozent auf 3,62 Mrd. Euro, die Zahl der Versicherungsverträge um 3,3 Prozent auf gut 12,3 Millionen. Der Kapitalanlagebestand wuchs um zwei Prozent auf knapp 17,4 Mrd. Euro, das Kapitalanlageergebnis auf 537,1 Mio. Euro und damit rund 10 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr. Insgesamt konnten die haftenden Eigenmittel einschließlich der Schwankungsrückstellungen auf 3,34 Mrd. Euro erhöht werden: Bei dieser Kennziffer zählt sich die VHV-Gruppe zu den am solidesten finanzierten Versicherern in Deutschland und in Europa.
Alle Bereiche des Unternehmens hätten zum Ergebnis beigetragen, sagte Reuter und bezeichnete 2021 als eines der wichtigsten Geschäftsjahre des letzten Jahrzehnts. Trotz des gestiegenen Schadenaufwands sei man stärker gewachsen als der Markt und die VHV heute so solide und substanzstark aufgestellt wie wohl noch nie in ihrer Geschichte. Das spiegelt sich auch in Spitzenbewertungen der Rating-Agenturen.
Im Leben-Geschäft der Hannoversche Lebensversicherung AG mit Frank Hilbert an der Spitze stiegen die Beitragseinnahmen gegenüber dem Vorjahr um 2,6 Prozent auf knapp 1,07 Mrd. Euro, die Zahl der Verträge stieg um 2,2 Prozent auf knapp 1,1 Millionen. Der Anteil von Risikolebensversicherungen am Gesamtbestand lag dabei bei über 70 Prozent bezogen auf die Zahl der Verträge. Insgesamt hat das Unternehmen einen Kapitalanlagenbestand von 10,47 Mrd. Euro verwaltet, leicht unter Vorjahr. Die Kostenquoten gehören nach wie vor zu den besten im Markt, so Hilbert.
Kfz-Versicherung spürt höhere Kosten bei Ersatzteilen und Mietwagen
Der neue VHV-Chef Thomas Voigt sieht die hannoversche Versicherungsgruppe „auf einem sehr guten Weg.“ Der von ihm geführte VHV Allgemeine Versicherung AG erzielte ein Ergebnis von knapp 306 Mio. Euro. Die Zahl der Versicherungsverträge stieg um 3,1 Prozent auf 10,76 Millionen. Das Marktwachstum bezifferte Voigt mit einem Prozent. Die Beitragseinnahmen erhöhten sich um 3,5 auf 2,3 Mrd. Euro, und die Schaden-Kosten-Quote legte um drei Prozentpunkte auf 89 Prozent zu. In der größten Sparte Kfz wuchs die Zahl der Verträge um 3,5 Prozent auf 8,87 Millionen und die Beitragseinnahmen erzielten mit 1,52 Mrd. Euro ein Plus von 1,6 Prozent. Bei der Autoversicherung setzt die VHV auf ein ausgewogenes Verhältnis von Wachstum und Profitabilität: Man wolle wachsen, aber nicht um jeden Preis, sondern nur, wenn es rentabel sei, machte Voigt deutlich. Er wies auf die steigenden Schadenkosten durch erhebliche höhere Preise für Ersatzteile oder auch für Mietwagen hin.
Im Ausland durch Zukäufe wachsen
Mit dem Traditionsgeschäft Versicherungen für die Baubranche will die VHV auch ihr Auslandsengagement stärken. Bislang ist man nennenswert in Österreich, der Türkei, Frankreich und Italien unterwegs. Derzeit ist der Kauf eines weiteren türkischen und eines italienischen Unternehmens jeweils in der Endphase. Weitere Zukäufe sind möglich und gewollt: Thomas Voigt dabei die nordischen Länder, Benelux und weiterhin Südeuropa im Blick. Ziel ist auch eine Risikostreuung, dazu dient auch das verstärkte Engagement der VHV im Geschäftsfeld versicherungsnaher Dienstleistungen: Das passt zum Knowhow des Unternehmens, ist aber ein neues Gebiet gegenüber der klassischen Versicherung.
Digitalisierung: Halbzeit bei den Investitionen
Wesentliche strategische Säule der VHV ist die Digitalisierung. Über 270 Mio. Euro hat die Versicherungsgruppe in den vergangenen Jahren investiert, insgesamt sollen es rund 500 Mio. Euro werden. Ziel sei es, alle regelbasiert gesteuerten Arbeiten zu digitalisieren, so Uwe H. Reuter. Die VHV sieht sich hier als Vorreiter, auch bei den Arbeitsstrukturen. Unabhängig von Corona habe man Vereinbarungen zum Home Office abgeschlossen: „Wir sind heute in der Lage, das gesamte Unternehmen ohne Vorlauf remote zu fahren“, erklärte der Vorstandschef. Sofern der Arbeitsplatz geeignet ist, können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an bis zu vier Tagen pro Woche von zu Hause arbeiten. Im Durchschnitt sind zwei bis drei Tage gewünscht, so die Erfahrung bislang.
Neue Jobs vor allem in Hannover
In den vergangenen etwa 15 Jahren hat sich die VHV ein permanentes so genanntes Fitnessprogramm verordnet, das auch fortgesetzt werden soll. In jedem Jahr sei es gelungen, die Produktivität der Mitarbeitenden um drei bis fünf Prozent zu steigern. Ergebnis sei aber keinesfalls ein Arbeitsplatzabbau gewesen, sagte Vorstandschef Reuter, im Gegenteil: In den vergangenen zehn Jahren sei die Zahl der Beschäftigten um rund 500 auf jetzt gut 3300 gestiegen. Der größte Zuwachs erfolgte dabei seit 2016, und das vor allem in Hannover.
Wegen dieses Fitnessprogramms, aber auch wegen der wegen der soliden Bilanzstruktur und der weit fortgeschrittenen Digitalisierung fühlt sich die VHV gut gerüstet angesichts der aktuell unsicheren Lage. Eine Prognose für das laufende Jahr gab es jedoch nicht.