8. März, 14.02 Uhr:
Blackbit wurde 1989, in den Anfängen der Digitalisierung als Druckvorstufenunternehmen
für digitale Filmbelichtungen und Werbeagentur in Göttingen gegründet. Das Unternehmen wandelte sich Ende der 90er Jahre zur Internetagentur und legte dann seinen Fokus auf Digital Commerce: Blackbit konzipiert Online-Shops inklusive der Infrastruktur und den Systemen, die im Hintergrund den elektronischen Handel ermöglichen. Das 50-köpfige Team rund um Daniel Gerlach und Stefano Viani an der Spitze betreut Kunden wie EWE, Bikeleasing, das Digitalcluster Hamburg oder den Lebensmittelhändler Viani, bei dem Stefano Viani Gesellschafter ist. Blackbit hat Büros in Hamburg und Berlin und seit 2019 auch eine Tochtergesellschaft in Kiew.
Herr Viani, Ihr Unternehmen befindet sich aktuell in einer besonderen
Situation …
Zwölf aus unserem Team, drei Frauen und neun Männer, arbeiten in unserem Büro in Kiew. Also ein Viertel unserer Belegschaft. Die Männer haben sich für den Krieg oder den Freiwilligendienst gemeldet. Einige sind in die Westukraine gegangen. Die meisten
arbeiten weiter für uns, nur von anderen Orten, etwa aus dem Keller eines Luftschutzbunkers. Sie sagen, die Arbeit hilft uns, mit der Situation besser zu klar zu kommen. Dazu gehört natürlich unheimlich viel Disziplin. Die Mitarbeiter begreifen unsere Firma als ihre Firma, das ist ihre Familie. So sehen unsere Mitarbeiter hier das auch. Durch das agile Arbeiten haben wir ein sehr enges Verhältnis untereinander. Wir sehen unsere ukrainischen Kollegen in Videokonferenzen – wir haben teilweise noch Internetverbindungen – und sehen, dass sie gezeichnet sind, dass sie müde sind, dass sie Ränder unter den Augen haben, dass sie manchmal den Tränen nahe sind. Das geht uns sehr nah.
Dann haben Sie die Entwicklungen also hautnah miterlebt.
Ja! Wir hatten sehr früh Befürchtungen, dass es zu dieser Krise kommt und in einer Betriebsversammlung besprochen, wer die 28 Menschen und Haustiere um unser Kiewer Team aufnehmen könnte. Es waren alle dazu bereit, inklusive Geschäftsleitung. Dann entwickelte sich die Lage sehr dynamisch. Es haben bis jetzt drei Familien den Weg nach Göttingen gefunden, von zwei Familien sind die Männer noch in der Ukraine. Ein Mann ist kein Ukrainer.
Was möchten Sie unseren Lesern sagen?
Wir sind eine Digitalagentur mit einer agilen Organisation. Alle arbeiten sehr eigen- und selbstverantwortlich. Das ist das Gegenteil von dem, was wir in Russland sehen, mit einem Autokraten, der viel Macht als einzelne Person hat. Unsere Vision als Firma und auch meiner Mitarbeiter ist genau das Gegenteil und wir hoffen, dass sich die „demokratischen Strukturen“ letztlich durchsetzen. Man kann als Firma viel dafür tun, den Rahmen zu bieten, in dem Menschen lernen, sich selbst zu organisieren, und selbst Verantwortung zu tragen.
Aufgezeichnet von Barbara Dörmer.
*Wegen der Corona-Pandemie haben wir auf den persönlichen Besuch beim „Geklingelt bei…“ verzichtet und angerufen.