Jan Herzog berät mit seiner Firma SGC Business Unternehmer und Führungskräfte, die unter Schlaflosigkeit und Erschöpfung leiden.
Laut Techniker Krankenkasse (TK) leidet jeder Zweite ständig oder gelegentlich unter Schlafstörungen. Eine Forsa-Umfrage, die im Auftrag der TK 2020 durchgeführt wurde, kam zum Ergebnis, dass in Zeiten von Corona jeder Zehnte in Deutschland schlechter schläft als vor der Pandemie. Besonders stark betroffen: Menschen, die häufig unter Stress stehen.
Jan Herzog kennt sich mit Schlaflosigkeit aus. Vor zwei Jahren hat sich der 26-jährige mit der SGC Business UG in Oyten selbstständig gemacht und berät seidem Unternehmer und Manager mit Schlafproblemen. Herzog bezeichnet sich als „Selfmade-Unternehmer“. Nach seinem Abitur und einem Aufenthalt in England hat er sechs Jahre lang in dem auf Bewegungs-Orthopädie ausgerichteten Unternehmen seines Vaters gearbeitet. Und sich seitdem mit den Themen Gesundheit, Energie und Schlaf beschäftigt. Sein Wissen hat er sich bei Fortbildungen von Professor Dr. Günther W. Amann-Jennson, Leiter des Instituts für Schlafpsychologie & Schlafcoaching im österreichischen Vorarlberg, sowie Veranstaltungen und Kongressen und Gesprächen mit Medizinern, Biologen, Heilpraktikern und anderen Experten angeeignet. Sein Hauptangebot ist ein persönliches Mentoring, das er mit einem Team von freien Beratern durchführt.
„Themen, die im Arbeitsalltag dieser Menschen auftauchen – etwa Erschöpfung,
Antriebslosigkeit, Energielosigkeit, Schlafstörungen aufgrund von Überlastungen
– zeigen sich auch vegetativ. Das heißt, derjenige ist in einer Stressspirale gefangen, die mit zunehmender Arbeitsintensität und -häufigkeit immer größer wird.“ Der klassische Unternehmer, der Herzogs Rat sucht, ist zwischen 35 und 50 Jahre alt, hat mindestens zehn Jahre gearbeitet, sich etwas aufgebaut. „Und merkt dann, dass der Körper nicht mehr richtig mitmacht, dass er chronisch erschöpft, antriebslos ist, tagsüber Energielöcher hat und nicht weiß, wie er um 17 Uhr noch ein Meeting halten soll.“
Rund 80 Prozent der Menschen, die zu Jan Herzog kommen, leiden unter immer wiederkehrender Erschöpfung. Herzog führt das auf eine Spirale zurück, mit zwei Ursachen: die psychisch-mentale und die körperliche. „Ich wache morgens auf, und bin platt“, sei eine typische Aussage seiner Kunden. Obwohl derjenige sechs, sieben oder acht Stunden geschlafen hat. „Das kennen ganz viele, vor allem Männer. Das geben sie aber meist erst nach 20, 30 Minuten Gespräch zu. Antriebslosigkeit ist leider immer noch ein Tabu-Thema bei Männern. Das ändert sich aber gerade!“
Schlaf ist die beste Behandlungssäule
Jan Herzog berichtet vom Schlafforscher William Charles Dement von der Standford University, der zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der nächtliche Schlaf mit 90 Prozent Wirkungsfaktor der Nummer eins Faktor für alles Leben ist. „Wenn jemand Erschöpfungsprobleme, Energieprobleme, vielleicht Burnout hat: Alles, was Stress ist – ob psychisch, seelisch-emotional oder körperlich – ist vollkommen egal: Der Schlaf ist die beste Behandlungssäule.“ Aber wie damit umgehen? Herzog rät, zunächst die wichtigsten Faktoren zu finden, die den Menschen aus biologischer und wissenschaftlicher Sicht die Schlafqualität rauben. „Was der klassische Unternehmer kennt, ist: Ich bin antriebslos, mir fehlt die Energie, ich habe tagsüber zwei, drei Energielöcher, ich bin erschöpft – und das seit Monaten. Aber dass der Schlaf in den allermeisten Fällen der wichtigste Einflussfaktor ist, verstehen die meisten nicht.“ Es herrscht also ein großes Problembewusstsein. Aber aus welcher Richtung die Lösung kommt, ist anders als in den USA hier noch nicht so bekannt. „Für viele ist es allerdings schwer, sich einzugestehen, dass ihre bisherigen Strategien wie Fernsehen am Abend oder Stressabbau über das Sofa nicht funktionieren und zu noch mehr Erschöpfung führen.“ An erster Stelle seines Coachings steht eine ausführliche Analyse der Ausgangslage. Den medizinischen
Part „Funktionelle Medizin“ übernimmt dabei sein Partner, der Psycho-Neuro-Immunologe und Heilpraktiker Felix Neuhaus. „Wir müssen ein Gefühl dafür bekommen, wo die Probleme liegen. Dann schauen wir, frei nach Pareto, welche drei bis fünf Strategien am schnellsten helfen. Denn eines hasst der Unternehmer, und das ist Zeitverschwendung.“
Das Schlafzimmer neu definieren
Zentral für einen guten Schlaf ist für Jan Herzog das Schlafzimmer. „Der biologisch wichtigste Platz ist der Schlafplatz und der Schlafraum. Dort findet ein Drittel des Lebens statt. Aber ohne dieses eine Drittel wäre es nicht möglich, auch nur eine Woche des aktiven, bewussten Lebens zu leben. „Viele Unternehmer kaufen sich einen Mercedes oder Volvo für 80 000 Euro, die Küche muss mindestens 20 000 Euro kosten, aber fürs Bett wird nicht viel ausgegeben. Das passt einfach nicht. Und zudem ist es dann meistens noch extrem synthetisch und künstlich. Das Schlafzimmer stört meist sogar den erholsamen Schlaf, obwohl es eigentlich Ursprung des unternehmerischen Erfolgs sein könnte.“ Jan Herzog rät dazu, das Schlafzimmer aus psychologischer Sicht neu zu definieren und alle Aktivitäten zu verbannen, die nichts mit Schlaf, Regeneration oder Sexualleben zu tun haben. „Alle Gegenstände, die nicht dem Schlaf dienen, fliegen raus. Dazu gehören auch der Fernseher, der WLAN-Repeater, die Musikanlage. Ein Elektriker kann das Schlafzimmer nachts mit einem Netzfrei-System stromlos machen.“ Der Schlafplatz müsse so dunkel wie möglich sein, die Raumtemperatur zwischen 18 und 20 Grad liegen. Das Bett solle orthopädisch und klimatisch gut sein, möglichst aus Schafschurwolle oder anderen Naturprodukten. „Dann schaffen wir eine Atmosphäre, die unserem Wohlbefinden und unserem Geist zeigt: Hier entspanne ich mich!“
Ein weiter wichtiger Faktor im Kontext von Schlafen und Energie ist für Herzog die Chronobiologie – also die Erforschung der inneren Uhr: Wie laufen die Schlaf- und Wachphasen beim Menschen ab? „In Deutschland haben wir ganz oft das Bild: Willst du ein guter Unternehmer sein, musst du morgens um 8 Uhr im Büro sein. Meist muss man ja zwei Stunden vorher aufstehen, das wäre also um 6 Uhr.“ Die statistische Verteilung der Schlaftypen sei aber ganz anders. Till Roenneberg, Professor am Institut für Medizinische Psychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, hat festgestellt, dass 80 Prozent der Menschen zu früh aufstehen. „Je nach Schlaftyp liegt der Korridor fürs optimale Aufstehen zwischen 4 und 13 Uhr. Jemand, der ständig gegen seinen Chronorhythmus lebt, ist dauerhaft im Jetlag – aus medizinischer Sicht eine Katastrophe“, so Herzog. Wichtig sei, herauszufinden, ob man beim Aufstehen ein Früh-, Mittel- oder Spättyp ist. Dabei können Tests aus dem Internet helfen. Wer es genauer wissen möchte, sollte einen sogenannten Genmarker-Test durchführen.
Außerdem lohne es sich, die sogenannten ultradianen Rhythmen zu beobachten. „An unserem Acht- oder Zehnstundenarbeitstag haben wir Phasen, in denen wir sehr antriebslos sind, und Phasen, in denen wir voll Energie sind.“ Um hierüber ein Bild zu erhalten, solle man eine Woche lang seine Energielöcher aufschreiben. Dann könne man ausprobieren, was am besten dagegen hilft: Ruhe (Power-Nap), leichte Bewegung (Spaziergang), oder eine Tätigkeit ohne besondere Relevanz (Aufräumen). Licht ist laut Herzog für den Tag-Nacht-Rhythmus der wichtigste Taktgeber. „Mindestens 30 Minuten Sonnenlicht gehören zum Alltag – und das ist nicht diskutierbar.“ Überhaupt Pausen: „Die Vorstellung, acht bis zehn Stunden durchzuarbeiten, ist so ziemlich die dümmste Idee, die ein Manager haben kann. Denn die Energie nimmt exponentiell ab. Aus diesem Grund sind Pausen so wichtig.
Info: Checklisten zu den Themen Schlafraum und Schlaftyp stehen für NW-Leser aktuell kostenlos unter: www.jan-herzog.com/download/ihk. Über die Startseite geht es zu Jan Herzogs Podcast „Mehr Energie und Lebensqualität“.