Beschäftigte, die im Ausland auch nur kurzzeitig eine Wartung durchführen oder an einer Besprechung teilnehmen, benötigen eine sogenannte A-1-Bescheinigung. Aufgrund des hohen bürokratischen Aufwands bei der Beantragung wünschen sich hier nach wie vor viele Unternehmen eine Erleichterung. Niedersachsen hat dazu eine Initiative auf den Weg gebracht.

Um eine Verbesserung auch auf europäischer Ebene anzustoßen, brachte das Land auf Initiative des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums bereits Anfang 2020 einen Antrag eingebracht, der allerdings vertagt wurde. Niedersachsen hat nun die Beschlüsse der Wirtschaftsministerkonferenz, die Bundesregierung zu Änderungen der A-1-Bescheinigungen aufzufordern, zum Anlass genommen, das Bundesratsverfahren wiederaufzugreifen. „Seit letztem Jahr hat sich die Welt geändert, nicht aber die A1-Bescheinigung“, sagte Wirtschaftsminister Bernd Althusmann in seiner Rede im Bundesrat Ende Juni. „Sie ist genauso umständlich zu beantragen wie im vergangenen Jahr – sie war seitdem nur kein ständiges Ärgernis mehr, weil Dienst- und Geschäftsreisen auf ein Minimum reduziert werden mussten. Diese Zeit ist hoffentlich bald vorbei, die Wirtschaft fährt allmählich wieder hoch. Wir sollten dies vor allem dadurch unterstützen, indem wir bürokratische Hürden senken, dies ist die beste Form einer Wirtschaftsförderung.“

Durch die Bundesratsinitiative soll die Bundesregierung dazu aufgefordert werden, gegenüber der Europäischen Union die Regelungen zur A1-Bescheiniung in folgenden Punkten zu ändern: Dienst- und Geschäftsreisen von Beschäftigten sollen bis zu einer Woche ganz ohne Meldung sowie ohne Vorlage weiterer Unterlagen und Verpflichtungen ermöglicht werden. Eine EU-weite Online-Meldeplattform soll eingeführt werden, um das Antragsverfahren zu vereinfachen. Zudem sollen Schwarzarbeit und Sozialdumping auch weiterhin bei der Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bekämpft werden.

Wenig Verständnis für aufwendige Regelungen

Bei den niedersächsischen Industrie- und Handelskammern gehen nach wie vor viele Fragen zur Handhabung der Bescheinigung ein, meist verbunden mit Beschwerden, warum so eine Bescheinigung denn im Binnenmarkt nötig sei. Ein typischer Beschwerdeführer bei der IHK ist zum Beispiel der Unternehmer, der für eine kurzfristige Besprechung oder eine Vertragsunterzeichnung für wenige Stunden oder einen Tag ins Ausland muss. „Bei kurzen Spontaneinsätzen verzichten Unternehmen inzwischen teilweise bewusst auf die Beantragung und gehen das Risiko einer Kontrolle wissentlich ein, einfach, weil der Aufwand für sie zu hoch ist“, berichtet Tilman Brunner, Leiter des Bereichs International bei der IHK Hannover.

Bei Unternehmen, die oft Beschäftigte ins Ausland entsenden, habe sich zwar inzwischen eine gewisse Routine entwickelt, seit die elektronische Beantragung funktioniert. Gerade bei einer hohen Frequenz an Auslandseinsätzen stelle das Verfahren allerdings immer noch einen hohen Aufwand dar. Firmen, die erstmals oder eher selten Personal ins Ausland entsenden, seien bereits von dem Antragsverfahren an sich und den weiteren Meldepflichten abgeschreckt.

Meldepflichten behindern gerade auch spontane Einsätze

Die Unternehmen klagen auch über weitere bürokratische Hürden bei der Entsendung. So müssten die Einsätze der Beschäftigten immer öfter in eigenen Portalen der Länder angemeldet werden, die wenn überhaupt auf Englisch unterschiedlichste Anforderungen stellten. „Das widerspricht dem gemeinsamen Binnenmarkt fundamental. Es schafft enormen Aufwand und verhindert spontane Einsätze.

Gerade kleinere Unternehmen sind damit überfordert, für jedes Land, für jeden Einsatz neu zu recherchieren, was sie wo eintragen müssen und welche Papiere sie den Mitarbeitern mitgeben müssen“, kritisiert Brunner.

Das Land Niedersachsen hofft mit der Initiative im Bundesrat wieder ein Gleichgewicht zwischen den Freiheiten des Binnenmarkts und den notwendigen Regularien herzustellen. „Dieser Flickenteppich muss ein Ende haben. Wir brauchen einheitliche, verlässliche Regelungen in allen Mitgliedsstaaten der EU. Dafür muss sich die Bundesregierung auf EU-Ebene einsetzen“, erklärte Wirtschaftsminister Althusmann. Wunsch vieler Unternehmen ist ein zentrales Portal der EU, in dem Einsätze in ein einheitliches Formular eingetragen werden. Idealerweise sollten in einem solchen Portal auch die jeweils gültigen Tariflöhne hinterlegt sein, an die sich die Unternehmen halten müssen. Vielfach könnten Unternehmen die Tariflöhne nur schwerlich recherchieren.

 

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