Das hat etwas von Erdrutsch: Nach einer jetzt veröffentlichten Studie will aktuell mehr als ein Drittel der Angestellten, die vor Corona noch Pläne für eine Selbstständigkeit hatten, dieses Ziel jetzt nicht mehr verfolgen. Und die vom HDI in Auftrag gegebene Untersuchung birgt noch weitere Ergebnisse, die in eine ähnliche Richtung gehen.

 

Deutschland droht nach der Corona-Krise ein nachhaltiger Aderlass an Selbstständigen: Weniger Unternehmerinnen und Unternehmer und die gleiche Tendenz im Bereich freier Beruf seien eine Langzeitfolge der Pandemie. Das ergibt sich aus der repräsentativen Befragung von mehr als 3600 Berufstätigen in Deutschland, die vom hannoverschen HDI zusammen mit dem Institut YouGov durchgeführt wurde. Nicht nur, dass 38 Prozent allen Angestellten ihre Pläne für eine Selbstständigkeit in den vergangenen Monaten begraben haben: Zudem ist fast die Hälfte von ihnen (47 %) überzeugt, dass es nach der Corona-Zeit hierzulande weniger Selbstständige als zuvor geben wird.

Dazu passt, was die gleichzeitige Befragung von Selbstständigen im Rahmen der HDI-Untersuchung ergab: Erkennbar ist in der Pandemie der Wunsch nach Rückkehr in ein festes Arbeitsverhältnis. Rund 15 Prozent gaben an, bei passender Gelegenheit in ein Angestelltenverhältnis wechseln zu wollen. Jeder siebte sagt zudem, dass „ich meinen Kindern durch die Erfahrungen der Corona-Zeit nicht mehr zur beruflichen Selbständigkeit raten könnte“.

Wachsendes Risiko für Selbstständige

Nicht nur der Wunsch nach Selbstständigkeit nimmt ab: Mehr als zwei Drittel (71 %) der Selbständigen gaben in der HDI-Untersuchung an, „dass durch die Corona-Zeit die finanziellen Risiken für Selbstständige in Deutschland größer geworden sind.“ Mehr als jeder fünfte Selbständige (21 %) hat seither persönlich auch bereits finanzielle Existenzängste. Zwei von drei der befragten Selbständigen (64 %) sagen daher schließlich voraus, „dass es durch die Corona-Zeit zu einer Pleitewelle in Deutschland kommen wird“

Pleitewelle in Deutschland wird befürchtet

Und nicht nur die Selbstständigen erwarten eine große Zahl von Insolvenzen, auch die befragten Angestellten sehen das so. Bei berufstätigen Männern ist diese Sorge dabei noch größer als unter berufstätigen Frauen (59 % zu 50 %). Mit Abstand am stärksten ausgeprägt ist die Furcht bei Erwerbstätigen im Bereich Marketing, Werbung und Medien. In dieser traditionell durch viele kleine und kleinste Unternehmen geprägten Branche erwarten drei Viertel (75 %) aller Beschäftigten eine Pleitewelle und auch 69 Prozent einen Schwund an Selbstständigen nach der Corona-Zeit.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Prof. Marcel Fratzscher, kommentierte bei der Vorstellung der Studie: „Die Ergebnisse sind leider sehr ernüchternd, bestätigen aber den Trend in Deutschland zu weniger Selbstständigkeit. Die Politik und die Gesellschaft müssen schon jetzt Anreize dafür schaffen, Selbstständigkeit zu fördern – sei es durch den Abbau bürokratischer Hürden, Förderung oder einer höheren Wertschätzung von Unternehmertum in Deutschland.“

Dr. Patrick Dahmen, Vorstandsvorsitzender HDI Lebensversicherung AG: „Deutschland lebt von seinem Unternehmertum. Der Mittelstand und eine hohe Zahl an Neugründungen bringen neue Ideen, Fortschritt und langfristig Arbeitsplätze. Wenn viele Menschen nun Angst vor der Selbständigkeit haben, ist das eine ernste Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands. Denn im New Normal nach der Corona-Zeit ist besonders viel neuer wirtschaftlicher Schwung nötig, um die Folgen der Pandemie abzufedern. Dabei senden insbesondere der Mittelstand sowie Unternehmensgründungen wichtige Impulse.“

Alle Informationen zur HDI Berufe-Studie 2020 finden Sie hier.

 

 

 

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