Mit dem Titel „We Care“ bewirbt sich Hildesheim zur Kulturhauptstadt Europas 2025 und stellt im Bid Book 2 ein kulturelles und künstlerisches Programm vor, das Engagement durch Kultur und die Potenziale der Provinz in den Mittelpunkt rückt.
„We Care. Beets, Roses and the Meaning of Life“ steht auf dem Titel des zweiten Bid Books, das Hildesheim zur Kulturhauptstadt Europas 2025 machen soll. Hildesheim stellt darin die Potenziale der Provinz in den Mittelpunkt. „Über die Hälfte der europäischen Bevölkerung lebt in ländlichen Gegenden, in der Provinz,“ betont Carolin Hochleichter, künstlerische Leiterin für Hildesheim 2025. „Diese Regionen gilt es zu stärken, damit Stadt und Land sich nicht weiter auseinanderentwickeln. Wir rücken die Provinz auch thematisch ins Rampenlicht und zeigen den kulturellen Reichtum jenseits der Metropolen.“ Das gewählte Thema sei „eine Haltung, die von Empathie, Respekt und Verantwortung geprägt ist“, so Hildesheims Oberbürgermeister Dr. Ingo Meyer. „Es geht darum, den Herausforderungen unserer Zeit nicht passiv zu begegnen, sondern eine bewusste Entscheidung zu treffen. Denn es geht uns etwas an. Wir kümmern uns. Wir können etwas bewirken – vor Ort, in Niedersachsen, ganz Deutschland, aber eben auch in Europa und der Welt.“
Hildesheim ist eine historische Bischofsstadt im Süden Niedersachsens mit rund 100.000 Einwohnern. Im Landkreis Hildesheim leben insgesamt rund 280.000 Menschen. Die 18 Städte und Gemeinden des Landkreises engagieren sich gemeinsam für die Bewerbung Hildesheims zur Kulturhauptstadt Europas. In der Region gibt es mit St. Michaelis und dem Mariendom sowie dem Fagus-Werk in Alfeld zwei UNESCO-Welterbestätten. Durch die Universität mit ihren profilierten Studiengängen in Kulturwissenschaften und Ästhetischer Praxis sowie die Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) prägen junge Kulturakteure aus Hildesheim Institutionen und Diskurse im Kulturbereich deutschlandweit und auch international. Darüber hinaus hat Hildesheim eine innovative Kulturszene mit freien Theatern und internationalen Festivals in Stadt und Landkreis. Die kulturellen Initiativen und Vereine der Region bringen diverse Menschen zusammen – vom Maibaum-Aufstellen bis zum Zuckerfest.
Im Bid Book werden eine Kulturstrategie für die Region Hildesheim sowie ein künstlerisches Programm für das Kulturhauptstadtjahr beschrieben. Der Entwurf umfasst 58 Kulturprojekte und Veranstaltungen in Hildesheim und der Region, an denen sich bereits jetzt rund 500 Partner aus Hildesheim, Deutschland, Europa und der Welt beteiligen. „We Care bedeutet, dass wir Kultur und Engagement zusammendenken“, sagt Lene Wagner, Co‐Leiterin der Bewerbung Hildesheims zur Kulturhauptstadt Europas. „So setzt unser Programmentwurf auf bürgerschaftlichen Dialog, europäische Diskurse und echte Kooperationen zwischen lokalen und internationalen Künstler*innen.“ Dahinter stecke die Motivation, Gegensätze zu vereinen und zukünftigen Generationen ein gutes Leben zu ermöglichen. „Dazu haben uns auch die Rüben und Rosen inspiriert.“ Der tausendjährige Rosenstock ist das berühmteste Symbol der Stadt Hildesheim, die Zuckerrübe das wichtigste landwirtschaftliche Exportgut der Region. Das künstlerische Programm für Hildesheim 2025 arbeitet die enge Beziehung zwischen Kultur und Landwirtschaft heraus – zwischen urbanem und ländlichem Leben, zwischen unterschiedlichen Glaubensrichtungen, Religionen und Lebensweisen.
In die Konzeption des Programmentwurfs waren unterschiedliche Akteurinnen und Akteure involviert – die Bandbreite reicht vom Landwirt über Künstler und Studierende bis zum Unternehmer. „Gemeinsam wollen wir etwas bewegen und einen respektvollen Ansatz entwickeln, gegenüber dem Erbe, das uns hinterlassen wurde und den Menschen, die um uns sind“, sagt Carolin Hochleichter. Derselbe Respekt gelte selbstverständlich der Umwelt. „Und damit künftigen Generationen, die einmal unser Erbe antreten werden.“
Engagement durch Kultur: Hildesheim 2025 nimmt die Möglichkeiten in den Blick, sich durch Kultur zu engagieren. Dieser Ansatz umfasst umweltgerechte Veranstaltungsplanung, größtmögliche Barrierefreiheit, die Einbindung einer vielfältigen Gesellschaft und den bewussten Umgang mit der eigenen Geschichte und die daraus resultierende soziale und gesellschaftliche Verantwortung. All diese Aspekte bilden in ihrem Zusammenspiel eine Übersetzung der Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung in ein Kulturformat von internationaler Bedeutung. Eine zweite Ebene ist die Entwicklung einer progressiven Provinz. Hildesheim 2025 zeichnet das Bild einer Mittelstadt mit einer ländlichen Umgebung, in der ein urbanes Lebensgefühl nicht das Maß aller Dinge ist. In der Region soll die Einzigartigkeit des Lebens jenseits der Metropolen gefeiert und weiterentwickelt werden – zukunftsgewandt, weltoffen, bodenständig. Mit einem vielfältigen künstlerischen Programm fordert Hildesheim 2025 dazu auf, die Rolle der Provinz in Europa zu überdenken und neu zu gestalten.
Das künstlerische Programm ordnet die 58 Projekte vier Perspektiven zu:
We Care For Each Other: In diesem Programmbereich stehen soziales Engagement durch Kultur und Kunst und der Einsatz für eine gleichberechtigte, diverse und inklusive Gesellschaft im Mittelpunkt. So lädt „Squares of Encounter“ Künstlerinnen und Künstler und ihre Projekte ein, die in ihren Herkunftsländern aufgrund von Krieg oder anderen Ausnahmezuständen derzeit nicht gezeigt werden können. Hildesheim 2025 wird so zum Gastgeber für Kulturschaffende in Not. Diese laden wiederum Anwohner und Besucher mit ihren Projekten auf Hildesheimer Plätze ein.
We Care for Ourselves: Der Programmbereich versammelt Projekte, die unsere lebenslange Auseinandersetzung mit unseren Überzeugungen, Sehnsüchten, mit Glauben und Hoffnungen untersuchen und feiern. Hildesheim 2025 begibt sich zum Beispiel mit „Sweet Stress“ auf die Suche nach gemeinsamen Wurzeln in unterschiedlichen Traditionen und ruft einen regionalen Feiertag ins Leben, der nicht nur die Bedeutung der Zuckerrübe, sondern auch die Transkulturalität der ländlichen Räume in Szene setzt.
We Care For Our Planet: Die Projekte in diesem Programmbereich untersuchen die Möglichkeiten, Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein durch Kultur zu stärken. So fordert die Konzertinstallation „Pro No!“ ein Umdenken und eine Absage an das ständige Wachstum. Das Projekt „Beet 4.0“ untersucht die Globalisierung am Beispiel weltweiter Handelsbeziehungen lokaler Zuckerrübenlandwirte.
We Care For Our Past and Future Heritage: Zurück in die Zukunft: Die UNESCO‐Welterbestätten der Region finden in diesem Programmbereich genauso Platz wie immaterielles Kulturerbe. Im Projekt „Churches 21“ etwa geben Bürgerinnen und Bürger aus der Region Hildesheim 21 Kunstwerke in Auftrag, in denen internationale Künstlerinnen und Künstler ihre zentralen Fragen bearbeiten.
Der digitale Jury-Besuch in der Region Hildesheim wird am 20. Oktober durchgeführt, die Präsentation der Hildesheimer Bewerbung findet via Livestream am 27. Oktober statt. Die Entscheidung, welche deutsche Stadt sich Kulturhauptstadt Europas 2025 nennen darf, wird am 28. Oktober bekannt gegeben.