Schlechte Bewertungen bei Google oder Kununu sollten Unternehmen nicht einfach ignorieren. Bei falschen Tatsachenbehauptungen, Beleidigungen und anderen Regel- und Gesetzesverstößen können Firmen die Löschung beantragen, was in vielen Fällen zum Erfolg führt. Wie das geht, erläuterten IT-Fachanwalt Thomas Feil und sein Kollege Michael Wehrmann Anfang März in einem Seminar in der IHK. Die wichtigsten Erkenntnisse haben wir zusammengefasst.

 

Man kann sowieso nichts dagegen tun. Viele Unternehmen gehen davon aus, dass man schlechte Bewertungen beim Arbeitgeberbewertungsportal Kununu einfach erdulden muss. Offen damit umgehen und ertragen. Doch dem ist nicht so. „Es gibt für Unternehmen durchaus Angriffsmöglichkeiten – juristisch, aber auch ohne rechtlichen Beistand“, erklärt Thomas Feil, Fachanwalt für IT- und Arbeitsrecht aus Hannover.

Juristischer Umgang mit Bewertungen
Bei der rechtlichen Beurteilung von Bewertungen muss man zwischen Werturteilen und Tatsachenbehauptungen unterscheiden. Gegen das subjektive eigene Urteil kann meist nichts unternommen werden – die freie Meinungsäußerung ist ein Grundrecht. Anders sieht es bei Tatsachenbehauptungen aus. Im Prinzip fällt darunter alles, was man beweisen kann. Juristisch ergibt sich hier beispielsweise ein Ansatzpunkt, wenn eine nachweislich falsche Tatsachenbehauptung aufgestellt wird.
Aber gegen wen kann man überhaupt rechtlich vorgehen? „Da viele insbesondere schlechte Bewertungen anonym verfasst werden, ist in der Regel die Plattform der Ansprechpartner“, sagt Feil. Nur wenn die Umstände eindeutig seien, und man genau wisse, wer hinter einer Äußerung stecke, könne direkt gegen den Verfasser vorgegangen werden. Gegen die Plattformen könne natürlich mit den klassischen juristischen Vorgehensweisen vorgegangen werden, um eine Unterlassung, eine Auskunft zum Verfasser oder mitunter auch Schadenersatz (mit allen Schwierigkeiten des Nachweises des entstandenen Schadens) zu erwirken. IT-Fachanwalt Feil hat bessere Erfahrungen damit gemacht, Kununu, Google und andere Betreiber von Bewertungsplattformen zunächst anzuschreiben und auf die möglichen Rechtsverstöße hinzuweisen. So könnten beispielsweise Beweise verlangt werden, dass eine Bewertung tatsächlich von einem Mitarbeiter verfasst wurde. Der Anwalt dürfte auch Beweise einfordern für aufgestellte Tatsachenbehauptungen. „Wir haben mit diesen anwaltlichen Warnschreiben sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagt Feil. Und das Verfahren sei auch für die Unternehmen deutlich günstiger. Firmen können diesen Weg natürlich auch selbstständig nutzen und die Plattformbetreiber auf Missstände hinweisen. Ob dies den gleichen Effekt hat, müsse man abwarten.

Plattformen müssen Nachweise liefern
Wieso funktioniert das? Die Portale schreiben bei Nachfragen zu Bewertungen die Verfasser direkt an und bitten um entsprechende Beweise, zum Beispiel die Kopie eines Arbeitsvertrags. „Wenn der Verfasser auf eine solche E-Mail nicht reagiert, wird die beanstandete Bewertung gelöscht.“ Etwa 95 Prozent der an die Kanzlei von Feil herangetragenen Fälle könnten außergerichtlich geklärt werden.
Oft ergeben sich bei unerwünschten Bewertungen auch Ansatzpunkte aufgrund der Datenschutzgrundverordnung. Wenn etwa die Namen von Beschäftigten genannt werden oder auch von der Personalabteilung gesprochen wird – und dort nur eine Person arbeitet – greift das Auskunftsrecht der Betroffenen, dem die Portale nachkommen müssen. Darüber hinaus räumt die DSGVO unter anderem das Recht auf Berichtigung und auch Löschung ein.
Mitunter ist der Verweis auf die Datenschutzgesetze gar nicht nötig. „Bei Kununu etwa ist die Nennung von Klarnamen bereits in den Nutzungsregeln der Plattform verboten. Wird doch ein Name genannt, ergibt sich daraus bereits ein Löschungsanspruch“, erläutert Feil. Diese Einträge sind unzulässig und werden nach Hinweis in der Regel von den Portalen zügig entfernt. „In seltenen Fällen löschen die Betreiber auch nur die unzulässigen Sätze in Bewertungen“, erläutert Feil.
Sollten in Bewertungen strafrechtlich relevante Inhalte – etwa Beleidigungen, Fälle von übler Nachrede, Verleumdungen, falsche Verdächtigungen oder Drohungen – auftauchen, sind diese immer unzulässig. „Das Strafrecht ist insofern unsere schärfste Waffe. Auch die Plattformen sind sehr dahinter her, Bewertungen dieser Art schnellstmöglich zu löschen“, sagt Feil. Allerdings gebe es auch Fälle etwa bei Beleidigungen, wo Gerichte das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung höher bewertet hätten als den Straftatbestand der Beleidigung.
Einen möglichen Ansatzpunkt können auch die Richtlinien der Plattformen bieten, die zum Teil strengere Regeln als das deutsche Strafrecht enthalten. „Google zum Beispiel, untersagt in seiner Richtlinie, den eigenen Arbeitgeber negativ zu bewerten“, erläutert der Rechtsanwalt. Auch darüber hinaus gebe es zahlreiche Ansatzpunkte durch die Richtlinie, um unliebsame Kommentare beim Internetkonzern zu melden und im Erfolgsfall entfernt zu haben. So verbietet Google etwa auch Bewertungen mit anstößiger Sprache. Auch ein Blick in die acht Kununu-Regeln könne mitunter helfen.
Aktuelle Urteile stärken Unternehmen, die sich gegen ungerechtfertigte oder überzogene Bewertungen wehren, den Rücken. So urteilte das Landgericht Hamburg Anfang 2018 (AZ: 324 O 63/17), dass die Plattform den Kundenkontakt (im Zweifel) nachweisen muss. Ein Restaurant, dass sich zu Unrecht schlecht bewertet sieht, kann von der Plattform diesen verlangen, was oft zur Folge hat, dass der kritisierte Eintrag gelöscht wird. „Denn welcher Kunde hebt schon wochenlang seine Belege von Restaurantbesuchen auf?“ Gerade bei älteren Bewertungen dürften Nachfragen nach Nachweisen daher Erfolg haben.
Auch eine (schlechte) 1-Stern-Bewertung ohne Text müssen Unternehmen nicht hinnehmen und können daher bei Google beanstandet werden, wie ein Urteil vom Landgericht Lübeck aus dem Jahr 2018 ergab (AZ: 9 O 59/17).


Löschen wahrscheinlich
Wenn eine Bewertung in einem oder mehreren Punkten problematisch ist, ist die Chance des Löschens hoch:
· Unwahre Tatsachenbehauptungen
· Schmähkritik
· Strafrecht Beleidigungen, Drohungen, Verleumdung
· Plattform-Richtlinien
· Textlose Bewertungen (1 Stern)
· Datenschutz



Sollte man Bewertungen beantworten?

Bei positiven Bewertungen sollten Unternehmen reagieren und antworten. Von Reaktionen auf schlechte Bewertungen rät der Experte eher ab. Soviel wie möglich, sollte man löschen (lassen). Einerseits bestehe die Möglichkeit der Eskalation, zudem müssten Datenschutzaspekte und die Außenwirkung beachtet werden. „Wenn überhaupt auf Kritik antworten, dann kurz“, so seine Empfehlung.

Darf ich als Arbeitgeber meine Beschäftigten aktiv auffordern, Bewertungen abzugeben?
„Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist das zulässig“, sagt Feil. Aber oft reicht es auch schon aus, wenn Unternehmen vereinzelte vertrauenswürdige Mitarbeiter ansprechen und bitten eine Bewertung bei Kununu zu verfassen.

Wo kann ich unzulässige Bewertungen bei den Portalen melden?
removals@google.com lautet die Adresse von Google in solchen Fällen.
Bei Kununu geht das über die Adresse: support@kununu.com

Wie lange dauert das, bis ein Plattformbetreiber auf einen Hinweis reagiert?
Bei kununu sind es in der Regel ein bis zwei Tage. Bei Google liegt die Zeitspanne meist zwischen zwei und drei Wochen – hier ist das Aufkommen an Bewertungen auch deutlich größer.


Seminar
Am 11. November (9 bis 12 Uhr) findet in der IHK Hannover erneut das Seminar „Schlechte Google- und Kununu-Bewertungen – Beseitigung möglich?“ statt.
Referent ist Michael Wehrmann, der bei der Feil Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hannover, die Fälle betreut, bei denen Unternehmen gegen unrechtmäßige Bewertungen vorgehen.

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