In die Rolle – rückwärts
In einigen Berufen gilt jetzt wieder die Meisterpflicht. Was zunächst wie ein reines Handwerksthema aussieht, kann aber auch für IHK-Mitgliedsunternehmen wichtig sein. Hier ein Überblick über die aktuellen Regelungen und sowie Praxistipps.
Mit der Novelle der Handwerksordnung (HwO) im Jahr 2004 wurden zahlreiche Berufe „meisterfrei“. Sie konnten als sogenannte zulassungsfreie Handwerke ohne meisterliche Qualifikation selbstständig ausgeübt werden. Nunmehr hat die Bundesregierung Anlass gesehen, einige dieser Berufe wieder der Meisterpflicht zu unterwerfen. Folgende Berufe sind jetzt wieder meisterpflichtig:
■ Fliesen-, Platten- und Mosaikleger
■ Drechsler und Holzspielzeugmacher
■ Betonstein- und Terrazzohersteller
■ Böttcher
■ Estrichleger
■ Glasveredler
■ Behälter- und Apparatebauer
■ Schilder- und Lichtreklamehersteller
■ Parkettleger
■ Orgel- und Harmoniumbauer
■ Rollladen- und Sonnenschutztechniker
■ Raumausstatter
Welche IHK-Betriebe sind betroffen?
Von dieser Gesetzesänderung sind nicht nur Unternehmen betroffen, die schon bisher der Handwerkskammer angehört haben, es können auch Betriebe betroffen sein, die bislang ausschließlich der IHK-zugehörig waren. Es handelt sich dabei vor allem um die Betriebe, die bislang eine der laut Liste genannten Tätigkeiten neben ihrer Handels- oder Dienstleistungstätigkeit in untergeordneter Weise in ihrem IHK-Betrieb ausführen. Wer also zum Beispiel einen Fliesenhandel betreibt und Fliesenverlegung und –arbeiten anbietet, war bisher in vielen Fällen nicht bei der Handwerkskammer im Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke eingetragen, wenn der Handel die umsatzstärkere Tätigkeit darstellte. Gleiches gilt beispielsweise auch für Werbeagenturen, die Werbeschilder als Lichtreklame selbst herstellen.
Bestandsschutz, aber …
Der für die „Rückvermeisterung“ vorgelegte Gesetzentwurf sieht für diese Unternehmen vor, dass sie auch weiterhin ihre handwerklichen Tätigkeiten im Nebenbetrieb ausüben können und dürfen. Allerdings müssen sie innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes einen Antrag auf Eintragung in die Handwerksrolle stellen. Hiervon ausgenommen sind Unternehmen, bei denen die handwerkliche Tätigkeit im Rahmen eines unerheblichen handwerklichen Nebenbetriebs ausgeübt wird: Was das im Einzelfall bedeutet, erfahren Sie bei der IHK.
Was ist ein unerheblicher handwerklicher Nebenbetrieb?
Voraussetzung für einen solchen Nebenbetrieb ist das Bestehen eines Hauptbetriebs, bei dem der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt. Haupt- und Nebenbetrieb müssen fachlich, organisatorisch und wirtschaftlich verbunden sein. Handwerkliche Nebenbetriebe müssen grundsätzlich in die Handwerksrolle eingetragen werden. Dies gilt nicht, wenn die Tätigkeit im Nebenbetrieb lediglich in unerheblichem Umfang ausgeübt wird. Die Tätigkeit darf dabei die durchschnittliche Arbeitszeit eines ohne Hilfskräfte Vollzeit arbeitenden Betriebes des betreffenden Handwerkszweiges während eines Jahres nicht überschreiten (rund 1664 Stunden/Jahr). Diese Grenze gilt auch für Ein-Personen-Betriebe.
Betroffene Unternehmen müssen für die Eintragung in die Handwerksrolle lediglich nachweisen, dass sie bereits vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung handwerkliche Tätigkeiten ausgeführt haben, nicht aber, dass eine meisterliche Qualifikation vorliegt. Es gibt hier also Bestandsschutz für die bestehenden Unternehmen: Sie sollen keine zusätzlichen Anforderungen erfüllen müssen außer der Eintragung in die Handwerksrolle. Der Nachweis kann zum Beispiel durch die Gewerbeanmeldung oder durch entsprechende Rechnungen erfolgen.
Allerdings ist damit eine (zusätzliche) Mitgliedschaft bei der Handwerkskammer mit einer grundsätzlichen Beitragszahlungspflicht verbunden sowie eine Gebührenzahlung für die Eintragung.
Beitragsregelung für IHK- und HWK-zugehörige Betriebe
Eine Beitragspflicht bei der IHK besteht für gemischt-gewerbliche Unternehmen erst, wenn der Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert und der Umsatz des nichthandwerklichen/nichthandwerksähnlichen Betriebsteils über 130 000 Euro im Jahr beträgt.
Achtung: Ende des Bestandsschutzes
Ändert sich später die personelle Zusammensetzung der Unternehmensleitung, muss innerhalb von sechs Monaten die notwendige handwerkliche Qualifikation, also grundsätzlich das Vorhandensein eines Meisters, nachgewiesen werden und ein entsprechender Eintrag in die Handwerksrolle erfolgen.
Was ist zu tun?
IHK-Unternehmen, die ihren Umsatzschwerpunkt im Handel oder in der Erbringung von Dienstleistungen haben und daneben handwerkliche Leistungen aus den oben genannten Berufen erbringen, die in einem wirtschaftlich-technischen Zusammenhang zur nichthandwerklichen Tätigkeit stehen, sollten ihre IHK kontaktieren und das weitere Vorgehen besprechen. Natürlich stehen auch die Handwerkskammern für Auskünfte zur Verfügung.