Es wird konkret: Der neue Mobilfunkstandard 5G gewinnt klare Konturen. Die Lizenzen für öffentliche Netze wurden letztes Jahr versteigert. Doch davon unabhängig sind die so genannten Campus-Netze, die Unternehmen neue Möglichkeiten bieten. Und die Deutsche Messe ist mittendrin: Das zeigte eine Veranstaltung des Industrie-Clubs Hannover.

Die Einsatzmöglichkeiten für 5G-getriebene Technik sind Legion. In der Industrie, aber beispielsweise auch in der tatsächlich bereits weit digitalisierten Landwirtschaft. Das mag zunächst überraschen. Aber Dr. Jochen Köckler, Vorstandschef der Deutschen Messe AG und mit der Landwirtschaft eng vertraut, unterstrich diese Einschätzung: Gleichzeitige Datenübertragung aus einer Vielzahl von Sensoren oder auch die Übertragung nicht-komprimierter Video-Signale machen schnell deutlich, um was es geht.

Die Deutsche Messe AG hat sich früh auf das Thema 5G geworfen. Bereits im vergangenen Jahr gab es auf der Hannover Messe eine 5G-Arena. Marcus Eibach nannte als Projektverantwortlicher dafür gleich eine ganze Reihe von Gründen. Zunächst ganz schlicht, den Ausstellern bei den Investitionsgütermessen – nicht nur Hannover Messe, sondern auch Agritechnica, IAA Nutzfahrzeuge oder die Metallbearbeitungsmesse EMO – eine Infrastruktur zu bieten, um 5G-Anwendungen zu zeigen.

Die Messe will aber auch an die eigenen Prozesse ran: Parkplätze suchen oder besser gesagt finden gehört dazu, ebenso die Besucherführung in den Hallen, Abfallmanagement, vorausschauende Wartung, Bezahlsysteme, Präsentationsmöglichkeiten, autonomer Shuttle-Verkehr Wie gesagt: Die Möglichkeiten für 5G-gestützte Anwendungen sind unüberschaubar. Auch, und ziemlich umstritten: Gesichtserkennung. Bei einem solchen Thema will die Messe sich als Diskussionsplattform anbieten, betonte Marcus Eibach.

Messe als Reallabor für 5G

Womit ein drittes Ziel der 5G-Aktivitäten auftaucht: Die Messe als „Reallabor“, darauf hatte schon Jochen Köckler hingewiesen. Die Messe liegt auch im Testfeld Niedersachsen für automatisierte und vernetzte Mobilität, das im Januar eröffnet wurde. Mit seiner gewachsenen Struktur und rund zehn Kilometern Straße bietet das hannoversche Ausstellungsgelände eine nahezu städtische, aber trotzdem nicht öffentliche Umgebung. Der Zaun um das Gelände schafft einen Raum, in dem auch noch nicht zugelassene Technik gezeigt und getestet werden kann. Gerade erst wird das Messegelände komplett digital kartiert, mit einer Genauigkeit im Fünfzentimenterbereich.

Das alles gehört zu den Vorbereitungen, um eine Basis für das „Reallabor Messe“ zu schaffen. Marcus Eibach spricht von einer Erweiterung des Geschäftsmodells Messegelände, von einem „smart venue“, einem intelligenten Ort der Zusammenkunft. Und auch Mobilfunk-Vordenker Hans Dieter Schotten sieht die Fülle der Anwendungsfälle, die beispielsweise während der Industriemesse gebündelt werden, Hannover als ideale Plattform. Die Messe wäre aber nicht die Messe, wenn sie aus dem Thema nicht auch eine eigene Veranstaltung bauen würde. 5G CMM lief im vergangenen Jahr erstmals als Kongress. Vom 1. bis zum 3. Dezember dieses Jahres wird die Veranstaltung auch einen Ausstellungsteil haben.

Zum Campus-Netz in vier Schritten

Wie aber kommt man zu einem Campus-Netzwerk, wie es die Messe plant? Eine Anleitung in vier Schritten bot Nokia-Mann Thomas Hainzel. Der Österreicher stellte immer wieder die Anwendung, den use case, in den Mittelpunkt. Derzeit häufig nachgefragt: autonomer innerbetrieblicher Transport. Aber, als wären der Beispiele für 5G-Einsatz noch nicht genug, auch Videoüberwachung, Maschinenlernen oder die Navigation und Lokalisierung in Gebäuden können dazugehören. Nokia nutzt das selbst in Oulu, und hat nach Hainzels Angaben die Produktivität um 50 Prozent steigern können.

„Start small. Start smart. Start now.“

Vom use case ausgehen, das betonte Hainzel immer wieder. Und zeigte mit seiner Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie greifbar 5G heute schon ist. Zumindest bei den Campus-Netzen: Weg vom undeutlichen Gefühl zur konkreten Planung: Braucht man tatsächlich 5G, und wenn ja: wofür? Wie holt man es auf das Firmengelände, wie betreibt man das Netz? Festlegen der Anforderungen an Latenz, Mobilität und Sicherheit. Auch Kosten, wobei die Lizenzgebühren für die Frequenz vergleichsweise wenig ins Gewicht fallen. Man könnte in dieser Phase sogar zu dem Ergebnis kommen, so Hainzel, dass man 5G – heute jedenfalls – noch gar nicht unbedingt erforderlich ist. Aber: „Start small. Start smart. Start now.“ Einfach anfangen, auch klein, und das aber jetzt, rät Hainzel.

Keine weißen Flecke lassen

Schritt zwei: Deployment nennt man bei Nokia die konkrete Planung, wie und vor allem wo die für das Netzwerk nötigen Geräte aufgestellt werden – so, dass zum Beispiel nicht in einer Halle des Messegeländes ein Funkloch entsteht. In der 5G-Area während der Hannover Messe 2019 etwa ging es beispielsweise darum, ein Netzwerk für eine Messehalle und rund zehn use cases zu planen.

In einem dritten Schritt wird das Netz installiert, werden Geräte und Maschinen integriert. Und schließlich dreht sich ein letzter Schritt um den Betrieb des Netzes: Wer ist Operator? Ein Campus-Netzwerk kann selbstständig und in eigener Verantwortung betrieben werden, man kann sich aber auch einen entsprechenden Anbieter suchen.

Lizenzen für Campus-Netze erteilt

Die Deutsche Messe AG durchläuft gerade diesen Prozess zum Aufbau eines Netzes. Wer aber noch einen Beleg braucht, wie sehr das Thema Campus-Netze gerade an Konturen gewinnt: Eine nicht ganz aktuelle Zahl der Bundesnetzagentur belegt, dass rund 25 Unternehmen Lizenzen für 5G-Netze beantragt haben. In Niedersachsen liegt die Zahl im unteren einstelligen Bereich. Eines davon ist die Götting in Lehrte, die auch im Dezember per Twitter die Inbetriebnahme gemeldet hat. Wohl nicht zufällig führt die Niedersachsen-Rundreise des Ministerpräsidenten Mitte Februar zu KI-Standorten des Landes auch dorthin.

 

5G Veranstaltungen der Deutschen Messe 2020

19./20. Februar: 5G Industrie Summit

20.-24. April: HANNOVER MESSE – 5G Arena

30. Juni:  Smarte Intralogistik

2. September:  Höhere Effizienz in der Fertigung durch 5G

13.Oktober:  Smarte Intralogistik

1. – 3. Dezember: 5G CMM Expo

Hier geht’s zum ersten Teil des Beitrags.

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