Anknüpfend an die guten Vorjahre mit dem Prädikat „sehr ordentlich“ – VHV-Vorstandschef Uwe H. Reuter ist mit dem Geschäftsjahr 2019 zufrieden. Das Rekordergebnis des Jahres 2018 wird allerdings nicht ganz erreicht.
„Am Ende des Tages vergleicht der Makler sowieso.“ Für Dr. Per-Johan Horgby, Vorstand der VHV Allgemeine, ein schlagendes Argument, das innerhalb der hannoverschen VHV-Gruppe entwickelte Maklerverwaltungssystem auch anderen Versicherungsunternehmen zu öffnen. Entwickelt wurde das Programm von der Digital Broking GmbH, einer eigens gegründeten VHV-Tochter – „ein eigenes Start-up“, wie VHV-Chef Uwe H. Reuter betont. Gebaut mit der Tarifvergleichssoftware der hannoverschen Franke und Bornberg GmbH, unterstützt das System Makler mit einer digitalen Verwaltungslösung. Und zwar ausdrücklich als offene Plattform und nicht gebunden an die VHV – nur die Qualität des jeweiligen Versicherungsangebots soll für sich sprechen, sagt Horgby und findet: „Eigentlich eine coole Haltung.“ Rund 4200 Makler sind aktuell als Nutzer registriert. Insgesamt sind über 40.000 für die VHV tätig.
Das Maklerverwaltungsprogramm gehört zu den Digitalisierungsbausteinen der VHV. Dieses Thema steht auch 2020 weiter im Mittelpunkt, wie Uwe H. Reuter Mitte Dezember beim Pressegespräch zum Jahresende erklärte. In einem Zeitraum von etwa sieben oder acht Jahren will der Versicherer zwischen 400 Mio. und 500 Mio. Euro in die Digitalisierung stecken. Dazu gehören neben einem kompletten Austausch der IT-Systeme aktuell insbesondere Lösungen für das operative Geschäft. Der Zeithorizont für diese Pläne reicht etwa bis in die Mitte des kommenden Jahrzehnts. Auf der Agenda stehen außerdem große Themen wie Datenanalyse und der Einsatz künstlicher Intelligenz.
Rückenwind bei der Digitalisierung spürt der VHV-Chef gleich in mehrfacher Hinsicht. Zum einen „gutes Timing“, so Reuter: Man habe vergleichsweise früh IT-Dienstleister an sich binden können. Er betonte auch die Rolle der Mitarbeiter: Die habe man früh in die Pläne einbezogen, beispielsweise die Feier zum 100-jährigen Bestehen des Unternehmen in diesem Jahr unter das Thema Digitalisierung gestellt. Das habe eine für positive Einstellung gesorgt. Reuter sprach von einem Klima gegenseitiger Hilfe unter den VHV-Mitarbeitern bei der Digitalisierung: „Das hat mich berührt.“ Auch die wirtschaftliche Lage der Gruppe erleichtert die digitale Transformation: „Profitabilität hilft ebenso bei den Investitionen in die Digitalisierung wie die Rechtsform als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit.“
Das Jahr 2019 jedenfalls ist „sehr ordentlich gelaufen“, so der VHV-Chef. Insbesondere hätten alle Geschäftseinheiten der Gruppe einen positiven Ergebnisbeitrag geleistet. Der Kompositbereich sei stärker gewachsen als der Markt. Sowohl im Kfz-Bereich als auch bei der Schadenversicherung liegt die VHV nach Reuters Worten bei der kombinierten Schaden-Kosten-Quote (Combined Ratio) besser als der jeweilige Branchenschnitt. Beim Traditionsbereich Bau profitiert die VHV von der langanhaltenden Boom. Und im schwierigen Markt der Lebensversicherung spielt der VHV-Gruppe die Positionierung der Tochtergesellschaft Hannoversche Leben als Biometrie-Versicherer in die Karten. Die Risiko-Absicherung bei Todesfällen und Invalidität, auf die sich dieser Zweig der VHV unter der Leitung von Frank Hilbert in den vergangenen Jahren konzentriert hat, ist nicht zinssensitiv, was sich in der aktuellen Niedrigzinsphase positiv auswirkt.
Aktuelle Zahlen zum Geschäftsjahr 2019 nannte das Unternehmen Mitte Dezember noch nicht. Indikator für das Ergebnis ist aber die Prämie für die Mitarbeiter: Verdient die VHV wie geplant, gibt es für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein zusätzliches Monatsgehalt. Im Höchstfall erhalten sie zweieinhalb Monatsgehälter – für 2019 kündigte Reuter eine Erfolgsbeteiligung von „mindestens zwei Monatsgehältern“ an. Das VHV-Ergebnis werde zwar das Rekordniveau 2018 nicht erreichen, so der Vorstandschef. Beim versicherungstechnischen Ergebnis lägen die Jahre aber etwa gleichauf, im vergangenen Jahr habe man jedoch Glück bei Kapitalanlagen und durch vergleichsweise niedrige Elementarschäden gehabt. „Sehr ordentlich“, so Reuters Fazit für 2019. Für das kommende Jahr und die Herausforderungen durch die Digitalisierung fühle man sich gut gerüstet, sagte der VHV-Chef und verwies unter anderem auf die gute Bewertung durch Rating-Agenturen.
Aktuell beschäftigt die VHV-Gruppe rund 3120 Menschen. Reuter sieht auch die Entwicklung der Belegschaft unter dem Aspekt Digitalisierung: Die Produktivitätsverbesserung in den vergangenen Jahren um jeweils drei bis fünf Prozent habe über eine höhere Wettbewerbsfähigkeit zu Mehr an Arbeit und damit zu Personalaufbau geführt: Plus 20 Prozent in den vergangenen zehn Jahren, so Reuter. Digitalisierung führe also bei der VHV nicht zu einem Verlust an Jobs wohl aber zu einer Veränderung der Arbeitsplätze. Aktuell sind bei der Versicherungsgruppe 100 Stellen unbesetzt.