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Ein Abend, ein Tag für den Blick in die Zukunft: Darum ging es bei der Techtide. Die Konferenz zur Digitalisierung auf dem hannoverschen Messegelände feierte Anfang Dezember Premiere.
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Mit 1300 Anmeldungen wurden alle Erwartungen übertroffen. Zwölf Diskussionsrunden mit insgesamt rund 100 Experten, die über Thesen zur Digitalisierung sprachen: Die Techtide (spricht: Teckteid) soll als neues Format erklärtermaßen die digitale Community in Niedersachsen zusammenbringen. Sagte Dr. Bernd Althusmann, dessen Wirtschaftsministerium zusammen mit der Deutschen Messe AG die Konferenz aus der Taufe hob. Technik, Wirtschaft, Gesellschaft – es war wie ein Blick durchs Kaleidoskop in die digitale Zukunft. Hier einige Facetten.

Kapitel 1: Zeit

Was hängenblieb, war zunächst vor allem das Gefühl verpasster Zeit. Und damit hätte die Techtide, von Niedersachsens Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann als Zukunftswerkstatt ausgerufen, vielleicht schon ein wesentliches Ziel erreicht. Denn mit dem Blick in die Zukunft tauchen sofort und drängend immer auch die Versäumnisse der Vergangenheit auf. Althusmann warf bei der Eröffnung des zweiten Techtide-Tages eine Erfahrung seines jüngsten Ostafrika-Besuchs vor wenigen Wochen in den Raum: Durchgängig habe er auf den Stationen seiner Reise in Ruanda, Uganda und Kenia ein Mobilunknetz mit 4G-Standard vorgefunden. Soll heißen: Anderswo in der Welt wurden die Zeichen der Zeit früher erkannt oder besser gedeutet. Und man muss dazu nicht einmal auf die üblichen Vorbilder in der erweiterten deutschen Nachbarschaft zurückgreifen: Norwegen, die Niederlande, Dänemark oder, derzeit gar Estland, ja Estland, das seit Jahren besonders gern in jeder Diskussion als Ideal genommen wird. Der Wirtschaftsminister beeilte sich aber auch mit dem Hinweis auf den Masterplan Digitalisierung, der in Niedersachsen als Blaupause für den Ausbau der digitalen Infrastruktur und den Lückenschluss bei der Netzabdeckung dient. Allerdings: Infrastruktur sei wichtig, sagte der Minister, um im gleichen Atemzug auf ein entscheidendes Element zu kommen: die Kompetenz der Menschen.

Nur: Auch dabei stellt sich schnell ein Gefühl ein, in der Vergangenheit etwas verpasst zu haben. Die Techtide ist eine Veranstaltung starker Thesen. Davon wurde vor der Veranstaltung ein ganzes Bündel formuliert, um dann in Hannover darüber zu diskutieren. Zeitbezogen zum Beispiel: „Im Jahr 2079 wird es keine Industrie mehr geben.“ Eine andere starke These steuerte zu Beginn des zweiten Techtide-Tages Silke Müller bei, Schulleiterin aus Hatten: „Es gibt keine Digital Natives.“ Also, um den Begriff zu erklären, eine Generation von Technik-Experten, die mit Computer und Mobiltelefon aufgewachsen und sind und sich in der digitalen Welt auskennen wie, sagen wir mal, ihre Eltern im Straßenverkehr am Steuer eines Autos. Aber es reicht eben nicht, nur ein Handy bedienen zu können, so Müller. Das klappt zwar ganz gut, zwölf Jahre nach dem ersten Auftauchen des iPhones. Aber digitales Wissen, das nicht nur auf der Oberfläche bleibt? Oft genug Fehlanzeige aus Sicht der Experten, und das nach Jahren der Digitalisierung. Und schlimmer noch: Beim Datenschutz und bei der Sicherheit mangelt es nicht nur an der Kompetenz, sondern es fehlen auch Risikobewusstsein oder sogar das Interesse, sich überhaupt damit zu befassen. So sieht es auch Wulf Bolte, Technik-Chef beim hannoverschen IT-Sicherheitsspezialisten mediaTest digital GmbH. Zusammen mit Peter Leppelt, noch Geschäftsführer der noch bestehenden Praemandatum GmbH, bestritt er als Sprecher eine der zwölf Sessions, in denen die Techtide-Thesen diskutiert wurden. Bei den beiden ging es im Kern um Datenschutz und Sicherheit. Und da gilt: „Die Technik wird uns nicht retten“, wie Georg Nold vom Heise Verlag in Diskussionsrunde in dieser Session anmerkte. Sondern nur Kompetenz. Und damit richtet sich der Blick an die Schulen. Aber erstens: Das nicht nur oberflächliche digitale Wissen wird jetzt gebraucht, man könne nicht darauf warten, bis umfassend gebildeter Nachwuchs die Schulen verlässt. Es komme darauf an, „durch alle Generationen die Kompetenzen zu stärken“, sagte Dr. Tabea Golgath, die bei der Stiftung Niedersachsen an KI-Themen arbeitet. Noch dramatischer aber scheint der zweite Aspekt: die Situation an den Schulen. Schulleiterin Silke Müller machte deutlich, dass sich die Lehrer bei der Digitalisierung allein gelassen fühlen und sich Wissen vor allem autodidaktisch aneignen müssten. Ira Diethelm, Professorin für Didaktik der Informatik in Oldenburg, verstärkte noch die Ernüchterung und damit auch den Eindruck, dass schon jede Menge Zeit verstrichen ist: Man sei auf dem Weg, aber noch weit vom Ziel entfernt. Sie will Informatik als Leitfach, und Silke Müller forderte geballtes Know-how für den Unterricht: „Holen Sie die Expertise zusammen“, sagte sie, gerichtet an die Politik. Wirtschaftsminister Althusmann hatte bereits zuvor nichts weniger als den Föderalismus, auch in der Bildung, auf den Prüfstand gestellt: „Das digitale Zeitalter wird das föderale Modell in Deutschland verändern.“ Tempo machen, auch in der Lehrerbildung und –fortbildung, um zur Weltspitze aufzuschließen. Denn die Zeit drängt, das Gefühl bleibt, schon etwas verpasst zu haben. Silke Müller brachte es jahreszeitlich auf den Punkt: „Die Digitalisierung kommt wie Weihnachten: plötzlich.“[/vc_column_text]

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