Vor allem die niedersächsische Industrie spürt heftigen Gegenwind. Die Industrie- und Handelskammern haben nach der aktuellen Konjunkturumfrage ihre Wachstumsprognose für das Jahr 2019 halbiert.
[/vc_column_text][vc_column_text]Immerhin: Die Wirtschaft in Niedersachsen ist nach dem langen Aufschwung noch kraftvoll und in guter Verfassung. Trotzdem schlägt sich das, war vor Monaten noch als Befürchtung im Raum stand, jetzt konkret in Zahlen nieder. Der IHK-Konjunkturklimaindikator ist zum sechsten Mal in Folge gesunken, im zweiten Quartal um weitere fünf Punkte auf einen Wert von jetzt 105. Damit ist der Indikator erstmals seit Jahren wieder unter den langjährigen Durchschnitt gesackt. Die erhoffte Stabilisierung im Frühjahr ist ausgeblieben. „Die Konjunktur hat den Boden noch nicht gefunden“, sagte Dr. Horst Schrage, der als Hauptgeschäftsführer der IHK Niedersachsen in Hannover die aktuelle Konjunkturumfrage unter rund 2000 Unternehmen vorstellte.
Getrieben wird die Abwärtsbewegung von der Industrie, und hier von den exportorientierten Investitionsgüterhersteller, also Maschinenbau und Elektrotechnik, sowie vom Automobilsektor. Angesichts der anhaltenden internationalen Handelsauseinandersetzungen sind die Exporterwartungen auf den schlechtesten Wert mehr als 20 Jahren gerutscht, ausgenommen nur den Tiefpunkt der Wirtschafts- und Finanzkrise nach 2008. Gleichzeitig schmelzen die Auftragspolster. Auch die Schere bei den Geschäftserwartungen öffnet sich weiter: Nach dem zweiten Quartal rechnen 22 Prozent der Unternehmen in Niedersachsen mit einer ungünstigeren Entwicklung gegenüber 20 Prozent im Vorquartal. Gleichzeitig sank der Anteil der Unternehmen, die mit einer Verbesserung rechnen, von 18 auf 13 Prozent. Investitions- und Beschäftigungspläne gehen in Niedersachsen weiter nach unten. Schrage sieht Signale für eine Trendwende am Arbeitsmarkt.
Hatten die niedersächsischen Industrie- und Handelskammer in den ersten Monaten des Jahres noch an ihrer Wachstumsprognose von einem Prozent festgehalten, so nahm der IHKN-Hauptgeschäftsführer diese Erwartung nun deutlich zurück: Mit 0,5 Prozent rechnet er für das Gesamtjahr. Schlimmer kommt es aber aus heutiger Sicht nicht: Es wird ein hauchdünnes Wachstum werden, aber kein Rückgang. Schrage setzt dabei auf die stabilisierenden Faktoren: Konsum und Dienstleister seien wichtige Stützen, und eine Branche boomt nach wie vor: „Die Bauwirtschaft klagt nicht“, sagte Schrage.
Die Ursachen für die Entwicklung sieht Schrage in den Entwicklungen der vergangenen 18 Monate. Die Lösung der internationalen Handelsstreitigkeiten komme nicht von der Stelle, wie und ob sich mit den USA und China die beiden größten Volkswirtschaften einigen, bleibe ungewiss. Beim Brexit sind, so Schrage, die schlimmsten Befürchtungen eingetreten: Der ungeregelte Austritt Großbritanniens, wie er im Raum steht, würde zu höheren Kosten für Unternehmen im wichtigen Geschäft mit dem Königreich führen.
Gleichzeitig steht die in Niedersachsen prägende Automobilindustrie vor der Herausforderung, trotz Absatzproblemen zwei zentrale Zukunftsthemen zu stemmen: Die Verkehrswende und die Anforderungen aus dem Klimaschutz können nur mit massiven Investitionen bewältigt werden.
In dieser Situation fordert Schrage von der Politik klare Impulse insbesondere für die Industrie. Deutschland müsse sich ein Vorbild an anderen Ländern nehmen und die Unternehmenssteuern senken. Zwar gebe es bei der steuerlichen Forschungsförderung gerade für den Mittelstand erste Erfolge, hier sei aber noch mehr nötig. Das gilt insbesondere für die Digitalisierung, und hier richtet Schrage Erwartungen ans Land Niedersachsen: Der Digitalisierungsbonus, wie er jetzt eingeführt wird, könne angesichts der Bedeutung des Thema noch stärker ausfallen. Die Unternehmen, so der Hauptgeschäftsführer, brauchen möglichst schnell eine Transformation in digitale Prozesse. Unter anderem müsse man sie dabei unterstützen, Fachkräfte zu finden: Schrage mahnte Hilfe bei der Qualifizierung an.
„Das macht uns schon Sorgen“, sagte Schrage mit Blick auf die aktuellen Umfragewerte. Impulse seien jetzt dringend erforderlich: „Rechtzeitig entgegensteuern. Wenn die Krise erstmal da ist, fehlt die Kraft dafür.“.[/vc_column_text][vc_column_text]