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Ungewöhnliche Aktion: Gemeinsam äußern sich der schwedische Botschafter in Berlin und der deutsche Botschafter in Schweden zur Hannover Messe und betonen die parallelen Interessen und Entwicklung beider Länder. Titel: „Das gmeinsame Potenzial nutzen! Oder: Raus aus Bullerbü“. Schweden ist in diesem Jahr Partnerland. Lesen Sie hier den Beitrag Per Thöressons und seines deutschen Kollegen Hans-Jürgen Heimsoeth.
[/vc_column_text][vc_column_text]“Nein, an dem Schwedenbild der meisten Deutschen wollen wir gar nicht rütteln. Selbstverständlich gehören zu Schweden große Wälder, klare Seen und rote Holzhäuser. Aber Schweden ist nicht nur Bullerbü, sondern auch Skellefteå. Sie kennen diesen Ort nicht? An der nordschwedischen Küste gelegen entsteht dort derzeit Europas erste Großfabrik für Lithium-Ionen-Batterien für den Einsatz in Elektrofahrzeugen, auch unter Beteiligung deutscher Unternehmen. Und dass „SKF“ nicht die Schweinfurter Kugellager Fabrik ist, sondern für Svenska Kullagerfabriken steht, muss manchmal erklärt werden. Spotify, Soundcloud oder Mojang kennen dagegen zwar alle, aber kaum jemand weiß, dass sie aus Schweden kommen.  Es gilt Schweden neu zu entdecken: als industrielles Powerhouse im Norden Europas und als Pionierregion für jede Menge Innovation.

Niemand ist überrascht, wenn man erzählt, dass fast 1.000 deutsche Firmen in Schweden aktiv sind, aber kaum jemand weiß, dass in Deutschland 1.300 schwedische Unternehmen über 120.000 Mitarbeiter beschäftigen. So kommt es nicht von ungefähr, dass Schweden – als erstes nordisches Land – in diesem Jahr Partnerland der weltweit größten Industriemesse Hannover Messe sein wird. „Sweden Co-Lab – Innovate with us!“ ist das Motto, unter dem sich die schwedische Wirtschaft dort präsentieren wird. Diesen Aufruf zu gemeinsamer Innovation leben beide Länder bereits, ganz praktisch auf Unternehmensebene, etwa wenn DB Schenker in Jönköping den vom schwedischen Unternehmen Einride entwickelten elektrischen und autonom fahrenden LKW einsetzt. Aber auch auf politischer Ebene zeigt die Deutsch-Schwedische Innovationspartnerschaft bereits seit Anfang 2017, dass man gemeinsame Wege gehen will, sei es bei Testbeds für die Industrie 4.0, sei es bei E-Mobilität, Digitalisierung von KMU oder im Gesundheitsbereich. Auch bei Künstlicher Intelligenz (KI) und dem Aufbau eines 5G-Netzes wollen Schweden und Deutschland gemeinsam viel erreichen.

Gleichzeitig beginnt Schweden sich in Europa breiter zu orientieren. Die nördlichen Mitgliedsstaaten in der EU entdecken und stärken ihre gemeinsamen Interessen. Zu Zeiten des Brexit wird vielen Schweden klar, dass sie Bildungstraditionen und kulturelle Kontakte zum Kontinent – und ja, auch Deutsch als zweite Fremdsprache – zu lange vernachlässigt haben. Ebenso wenig, wie Schweden nur Bullerbü ist, ist Deutschland nur Industrie 4.0, oder das Transitland in den Skiurlaub. Deutschland ist, und das beginnt man in Schweden wieder zu entdecken, auch ein Land der Forscher, der Denker, des Designs, der Mode, der Manufakturen und des Heavy Metal. Es ist ein Land mit einem klaren europäischen Bekenntnis. Es ist deshalb im beiderseitigen deutsch-schwedischen Interesse, wenn wir Aufgaben wie die Vollendung des EU-Binnenmarkts, den Aufbau eines sozialen Europas, den Klimaschutz, die Modernisierung des EU-Haushalts oder Fragen der ethischen Nutzung von KI zusammen angehen.

Selbstverständlich mahnen uns die tiefgreifenden Veränderungen in der Weltwirtschaft mit Blick auf China und USA, Europa auch als Industriestandort voranzubringen. Es wird ungemütlicher in der Welt. Erschütterungen über Handelskonflikte sind da nur der Anfang. Deutschland und Schweden sind in Europa Vorreiter, wenn es darum geht, Wirtschaft, Gewerkschaften und Wissenschaft in ihren Staaten an einen Tisch zu bringen. Umso wichtiger daher, dass wir gemeinsam nach Wegen suchen, technologische Kompetenz europäisch aufzustellen und die industrielle Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie voranzubringen. Für ein innovatives und starkes Europa ist es entscheidend, die Bedeutung der deutsch-schwedischen Zusammenarbeit zu erkennen.

Schwedens internationale Stellung als Verfechter des Freihandels und der Verteidigung von Menschenrechten und Werten sind eine große Stärke dabei. Aber auch die deutsche Staatsraison hat Gewicht im Kampf gegen Nationalismus und Protektionismus: Gerade in Zeiten, wo sich vermeintlich jeder besser auf sich selbst zurückzieht und die Schotten schließt, haben wir mehr Gewicht, wenn wir gemeinsam für einen auf internationalen Regeln und Werten basierenden Umgang der Staaten miteinander einstehen.

Und natürlich gibt es auch die Fragen an unsere Wohlfahrtsstaaten, die die Bürgerinnen und Bürger unserer beiden Länder beantwortet sehen wollen: Wir werden stetig älter und brauchen eine neue Work-Retirement-Balance. Wir suchen immer häufiger vergeblich die Fachkräfte, die unsere Wirtschaft, aber auch unsere Gesellschaft braucht. Und wir haben andererseits immer noch zu viele junge Menschen, die ihren Schul- oder Berufsabschluss nicht schaffen. Wir versuchen, viele geflüchtete Menschen dauerhaft in gute Arbeit zu bringen und in unseren Ländern zu integrieren. Wir verzeichnen weltweit große Fluchtbewegungen und tun uns in Europa so schwer mit einem gemeinsamen europäischen Asylverfahren. Wir können auch auf diese Fragen gemeinsame Antworten finden.

Nicht jedes Rad muss neu erfunden werden, selbst wenn nicht jede bewährte Praxis aus einem Land ins andere übertragbar ist. Die Zeiten, in denen wir leben, sollten uns aber aufrütteln und wir sollten erkennen: Von wenigen Ländern können wir gegenseitig mehr lernen – und sei es auch aus Fehlern der Vergangenheit. Das Potenzial an deutsch-schwedischen Gemeinschaftsprojekten ist groß. Wir sollten es nutzen.“

Per Thöresson, Botschafter Schwedens in Deutschland
Hans-Jürgen Heimsoeth, Botschafter Deutschlands in Schweden[/vc_column_text][vc_separator][/vc_column][/vc_row]

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