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Schien zunächst das elektronische Buch seinen gedruckten Vorgänger zu bedrohen, so stehen offenbar jetzt beide unter Druck: Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hat eine Studie veröffentlicht, nach der sich in den vergangenen Jahren mehr als sechs Millionen Leser vom Buch verabschiedet haben. Wo bleibt das Lesen? Wir hören zu.
[/vc_column_text][vc_column_text]Dietrich zu Klampen ist ein beredter Vertreter des geschriebenen Wortes, insbesondere als Buch. Kein Wunder, er ist nicht nur Verleger, sondern auch Buchhändler.

Aber gefragt danach, wie es aktuell um das Buch bestellt ist, hört man lange zunächst mal dies: Schweigen. Aber schon dieses Schweigen macht deutlich, welches Gewicht er der Frage beimisst. Das Thema ist komplex.

Zugegeben, wir haben nicht nur danach gefragt, wie es um das Buch bestellt ist. Sondern, ob zu Klampen etwas dazu schreiben würde. Jedoch liegt ihm das gesprochene Wort besser als das geschriebene; er ist eben ein beredter Mann. Sonst wäre er auch nicht Verleger, sondern Autor. Würde er vermutlich über sich selbst sagen.

Aber trotzdem: Sein Schweigen spricht Bände. Schließlich ist das Buch ein ganz besonderer Stoff. Und dann sagt er doch etwas, er kann wohl nicht anders.

Nein, nicht: Das Buch war, ist und wird bleiben. Wobei zu Klampen schon zu einer Verlegergeneration gehört, für die ein Buch nicht mehr gedruckt sein muss: Auch ein E-Book ist ein Buch. Die Frage es nur, ob es gelesen wird.

Immer weniger. Und weniger Bücher werden gekauft. Aber wenn jemand wie zu Klampen über die Gründe spricht, warum es das Buch heute schwerer hat, wird deutlich, wie eine Gesellschaft sich verändert.

Die Vorstellung, über das Lesen in andere Welten einzutauchen, sagt er, finden die Menschen nach wie vor gut. Das Buch als Erholungsort oder Fluchtpunkt, je nachdem. Eigentlich wünschen sich Menschen, Bücher zu lesen. Nur: Sie machen es nicht. Warum?

Aus Fitnessstudios kennt man die Wände, an denen augenfällig die Gründe stehen, warum es Tag für Tag nicht klappt mit dem Training: Zu lange gearbeitet. Zu müde. Wetter zu schlecht. Wetter zu gut. Die gleichen Wände, sagt zu Klampen, könnte man zum Bücherlesen machen. Letzten Endes fadenscheinige Ausreden.

Hinzu kommt die Frage: Was soll man lesen? So viele gute Bücher, und ständig kommen neue hinzu: Eigentlich, sagt er, könne man den Buchmarkt abschließen. Man schafft ja nicht mal die Klassiker. Und dann die ganzen Neuerscheinungen: Unmöglich, auf dem Laufenden zu bleiben. Die Fülle des Angebots erhöht den Druck. Man kann nicht gegenanlesen – und lässt es dann ganz?

Aber vor allem die Zeit. Selbst der professionelle Leser zu Klampen sagt: Am besten lese ich im Urlaub. „Ganz schön schlimm, oder?“ Und die Konzentration: 800 Seiten zu lesen dauert nicht nur eine Weile, man muss auch hartnäckig sein. Manche pendeln nur deshalb mit der S-Bahn, weil sie sich damit ein Stunde täglicher Lesezeit erkaufen. Eine Stunde! Nur ist es ja so: Wir haben ja nicht weniger Zeit. Die Zeit bleibt gleich. Nur die Zahl der Möglichkeiten nimmt zu, getrieben von der Digitalisierung. Soziale Medien. Und die Streaming-Dienste. Vor allem deren Serien liefern Gesprächsstoff wie früher Buchbestseller. Zum Binge Watching – mehrere, viele, alle Folgen einer Serie am Stück sehen – ist Zeit. Man könnte auch ein Buch lesen stattdessen.

Der Streifzug mit Dietrich zu Klampen durch die Buchlandschaft geht irgendwann zu Ende. Das Denken geht weiter. Bücher über Bücher tauchen in der Erinnerung auf: Umberto Ecos „Der Name der Rose“, in dem Bücher Flammen schlagend aus den Mauern der Klosterwelt ausbrechen. Rae Bradburys „Fahrenheit 451“, in dem Bücher, weil vermeintlich gefährlich, verbrannt werden. Bücher bergen Zündstoff für die Gesellschaft. Was bedeutet es also, wenn eine Gesellschaft gegenüber dem Buch nach und nach gleichgültiger wird?[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

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