Ab April erneuert die Deutsche Bahn in Hannovers City die Eisenbahnbrücke in der Königstraße. Von Juni bis Dezember 2019 wird die Straße gesperrt. Was befürchten ansässige Unternehmen? Wie gehen sie mit der Situation um?
In Hannovers Stadtteil Mitte wird die 140 Jahre alte Eisenbahnbrücke über die Königstraße wegen Materialermüdung erneuert. Die Bauarbeiten starten am 3. April. Im Juni wird es ernst für die Anrainer: Dann wird die Königstraße zwischen Augustenstraße und Lavesstraße/ Joachimstraße für den gesamten Verkehr fast eineinhalb Jahre lang – bis Dezember 2019 – gesperrt. In diesem Zeitraum wird der Straßenverkehr über den Schiffgraben und die Fernroder Straße umgeleitet und die Einbahnstraße in der Augustenstraße umgedreht. Auch die Bushaltestelle in der unteren Königstraße wird an die Berliner Allee und die Fernroder Straße umgelegt. Kurz vor Baubeginn hat die NW Anrainer befragt, wie sie die Auswirkungen der Baustelle auf ihre Geschäfte einschätzen und ob und wie sie sich vorbereiten. Das Stimmungsbild fällt sehr heterogen aus: Jörg Hoffmann, der zusammen mit seiner Frau Ute das relativ dicht an der Berliner Allee gelegene Klavierhaus Meyer führt, fühlt sich von den Baumaßnahmen „gar nicht betroffen“. Eher unaufgeregt ist ebenfalls die Kochschule La Cocina: „Wir raten unseren Kunden schon immer, möglichst nicht mit dem Auto zu kommen, da bei unseren Kochevents ja auch Alkohol getrunken wird. Außerdem sind die Parkgebühren hier enorm. Da wir in Bahnhofsnähe liegen, kommen aber auch viele unserer Kunden mit der Bahn“, sagt Isabelle Zimbelmann, Counter-Managerin bei La Cocina.
Urte Schaarf vom Friseursalon Escape-Beauty hat viele Stammkunden, die sie bereits über die Straßensperrung informiert hat. „Man wird es merken, aber wir können nun mal nichts dagegen tun.“ Monika Voss will die Zeit der Sperrung für die Sanierung und Umstrukturierung ihrer Bettwäsche-Galerie nutzen: Die Inhaberin will ihr Ladengeschäft renovieren und im Zuge dessen auch das Souterrain ausbauen. Weil ihre Schwiegertochter nach und nach ins Geschäft einsteigen wird, steht auch eine Überprüfung und Fokussierung der Lieferanten an. Im Sommer will Voss einen Teil ihres hochwertigen Sortiments aus Dessous, Badeanzügen und Bettwäsche-Artikeln bei „Flohmarkt-Samstagen“ in ihrem Geschäft verkaufen. Ihren Mietvertrag hat sie kürzlich bis Mitte 2020 verlängert.
Thekla Schöttelndreier, Inhaberin der Boutique Annett-Mode exclusiv, sagt offen: „Ich habe auch Bedenken oder Angst.“ Die Mehrheit ihrer Kundinnen kommt nach wie vor in ihren Modeladen. Seit 2017 bietet die Boutique-Inhaberin einen Vorort-Service an, der auch zunehmend nachgefragt wird, und bringt ihren Kundinnen nach Feierabend eine Auswahl von Kleidungsstücken nach Hause und berät sie, wenn sie das wünschen – was häufig der Fall ist. Einen Vorteil sieht Thekla Schöttelndreier darin, dass die Königstraße von der Berliner Allee aus nach wie vor erreichbar ist, da die Sperrung nur ein Teilstück der Königstraße betrifft. „Bleiben viele weg? Oder kann man durch die Stammkunden das Level halten?“, fragt sie sich dennoch. In Kürze organisiert sie einen Event in ihrer Boutique, bei dem sie ihre Kundinnen über die Straßensperrung informieren will. In einem Mailing an 1000 Kunden hat sie ferner die Anfahrt mit Bus, Pkw und per pedes erklärt. „Wir müssen sehen, wie sich das entwickelt.“
Dirk Hoffmeister vom Herrenausstatter Leonardo ist ein Urgestein der Königstraße. Er hat sein Geschäft zwar 2015 nach rund 30 Jahren an einen Nachfolger übergeben, steht diesem aber noch als Coach zur Verfügung. „Es wird schwierig sein, diese Zeit zu überbrücken“, meint er. Besonders ärgert ihn, dass die Stadt Hannover bislang kein Gespräch gesucht oder etwa eine Senkung der Gewerbesteuer angeboten hat. Von der Bahn wünscht sich Hoffmeister eine Aufwertung des stark verschmutzten und schlecht beleuchteten Fernroder Tunnels, den die Fußgänger nun benutzen müssen. Ganz hoffnungslos ist er dennoch nicht: „Wir haben vor einigen Jahren bereits den Umbau der Königstraße überstanden.“
Einige der Gastronomen und Gewerbetreibenden, die auf der anderen Seite der Brücke am Thielenplatz ihren Sitz haben – darunter die L´Osteria, das Block House und das Cityhotel am Thielenplatz – wollen ebenfalls aktiv werden. Nach Aussage von Jan Hausen, Geschäftsführer der L´Osteria Hannover, will sich die Interessengemeinschaft Thielenplatz möglicherweise mit der benachbarten Interessengemeinschaft Lavesstraße zusammentun. Für die L´Osteria am Thielenplatz rechnet er mit einem „leichten Umsatzrückgang.“